Abberufung eines GmbH-Geschäftsführers – Zerwürfnis reicht als wichtiger Grund
Auch zwischen Geschäftsführern einer GmbH gibt es manchmal Meinungsverschiedenheiten. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste entscheiden, ob ein besonders tief greifender Streit zur Abberufung eines Geschäftsführers führen kann.
Der Fall aus der Praxis
Die Beklagte war eine GmbH, die eine Seniorenresidenz betrieb und an der ein Anwalt zu 35 % beteiligt war. Eine Krankenschwester hielt die übrigen Anteile. Beide Gesellschafter wurden zu Geschäftsführern bestellt. In einer Gesellschafterversammlung wurde der spätere Kläger als Geschäftsführer aufgrund gesellschaftswidrigen Verhaltens (Nichtvorlage der notwendigen Buchungs- und Abrechnungsunterlagen) durch die Krankenschwester abberufen, der Geschäftsführervertrag fristlos gekündigt. Nach 2 Instanzen - wobei der Anwalt die Letzte gewann - landete der Fall beim BGH.
Das sagt der Richter
Die Bundesrichter hoben das Urteil auf und wiesen den Fall zur erneuten Tatsachenermittlung an das Oberlandesgericht zurück. Das Gericht habe sich verfahrensfehlerhaft bei der Feststellung der Unwirksamkeit von Abberufung und Kündigung darauf beschränkt, ein vom Kläger verursachtes, unheilbares Zerwürfnis zwischen den beiden Geschäftsführern zu verneinen. Zur Abberufung eines Geschäftsführers wegen eines unheilbaren Zerwürfnisses mit einem Mitgeschäftsführer reiche grundsätzlich aus, wenn zwei oder mehrere Geschäftsführer untereinander so zerstritten sind, dass eine Zusammenarbeit zwischen ihnen nicht mehr möglich sei. In einem solchen Fall könne jeder von ihnen jedenfalls dann abberufen werden, wenn er durch sein - nicht notwendigerweise schuldhaftes - Verhalten zu dem Zerwürfnis beigetragen hat. Je nach Beschlusslage kann jeder der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer den anderen als Geschäftsführer abberufen, weil wechselseitig wesentliche Ursachen für das Zerwürfnis gesetzt wurden (BGH 12.01.2009, II ZR 27/08).
Das bedeutet die Entscheidung
Als Geschäftsführer können Sie - sofern im Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt ist - jederzeit durch einen Beschluss der Gesellschafterversammlung abberufen - juristisch gesehen, ist dies ein Widerruf der Bestellung - werden (§ 38 GmbHG). Dazu genügt die einfache Mehrheit. Die Wirksamkeit tritt jedoch erst dann ein, wenn Ihnen die Mitteilung bekannt gemacht worden ist.
Abberufung ist auch bei Gesellschafter-Geschäftsführern zulässig
Sind Sie Gesellschafter-Geschäftsführer, können Sie ebenso abberufen werden wie ein Fremdgeschäftsführer. Teilweise verlangen GmbH-Experten hier allerdings das Vorliegen eines „sachlichen Grundes" (Verstoß gegen gesellschaftsrechtliche Treuepflichten). Bei einem Beschluss über die Abberufung können Sie in der Regel selbst mitstimmen - Ihr Teilnahmerecht an der Gesellschafterversammlung beruht ja auf den Gesellschaftsanteilen.
Heißer Tipp
Eine Ausnahme besteht hier nur, wenn der Grund für die Abberufung ein „wichtiger Grund" (s. u.) sein soll. Teilnehmen dürfen Sie auch hier - lediglich die Stimmabgabe bei der Abstimmung ist Ihnen untersagt.
Abberufung aus wichtigem Grund
Ihr Gesellschaftsvertrag kann für die Abberufung abweichende Regel treffen. So können zum einen die Modalitäten der Abberufung verändert werden (z. B. dass nur einer bestimmten Gruppe von Gesellschaftern die Möglichkeit zur Abberufung eingeräumt wird) oder andererseits die konkreten Voraussetzungen für die Abberufung eingeschränkt werden. In vielen Gesellschaftsverträgen beschränkt sich eine Abberufung auf das Vorliegen eines „wichtigen" Grundes. Was ein solcher Grund ist, bestimmt jeweils der Einzelfall. Anerkannt ist bspw. eine grobe Pflichtverletzung oder die Unfähigkeit zur Geschäftsführung. Andere Gründe müssen ein ähnliches Gewicht besitzen.
Checkliste zum Download
Nutzen Sie unsereCheckliste Wichtige Gründe für die Abberufung eines GmbH-Geschäftsführers.
Vorsicht
Das Verschulden eines Geschäftsführers ist beim wichtigen Grund keine Voraussetzung!
„Sonderrecht" schützt vor Abberufung
Haben Sie Ihre Geschäftsführerstellung im Rahmen eines (gesellschafts-) vertraglich eingeräumten „Sonderrechts" erhalten, gibt es eine gravierende Besonderheit. Eine Abberufung ist nicht ohne Ihre Zustimmung möglich - außer, es liegt der o. g. wichtige Grund vor.
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