Physische Nähe und reales Miteinander: die beste Basis für gute Ideen
Videokonferenz-Müdigkeit macht sich breit. Die Sehnsucht der Menschen nach physischer Nähe ist allgegenwärtig. Okay, im Moment geht es in weiten Bereichen leider noch immer nicht anders. Doch nichts brauchen die Menschen mehr als andere Menschen um sich herum. Zudem sind Tuchfühlung und der befruchtende Austausch die beste Basis für gute Ideen.
Inspiration entsteht durch unkomplizierte Austauschmöglichkeiten. Jede Idee wird besser und jeder Arbeitsschritt klüger, wenn man seine Gedankenrohlinge mit anderen teilt. Ein virtueller Beziehungsaufbau ist besser als nix, doch Ferne sorgt für Distanz. Studien der Boston University haben zum Beispiel gezeigt, dass körperlich anwesende Personen tendenziell positiver beurteilt werden als virtuelle Präsenzen.
Auch Vertrauen, der Komplexitätsreduzierer par excellence, entsteht durch physische Nähe. Erst, nachdem man sich leiblich nahe war, sich im wahrsten Sinne des Wortes beschnuppert und begriffen hat, kann man auch auf virtuellen Zuruf hin gut zusammenarbeiten. Wen man hingegen nicht persönlich kennt, dem vertraut man eher nicht. Und wem man nicht vertraut, mit dem macht man auch keine Geschäfte.
Zwischenmenschliche Nähe verhindert das Ende der Wahrheit
Beziehungsdichte ist überaus wichtig, weil Menschen am besten zusammenwirken, wenn sie sich sehen. Warum das so ist? Worte können lügen. In Gestik und Mimik zeigt sich die wahre Gesinnung. Dies erzeugt in uns Resonanz. Ein gutes Intuitionsradar kann das spüren und decodiert friedvolle Absichten genauso wie Ruchlosigkeit.
Körpersprachliche Signale können nur bei physischer Anwesenheit wirklich gut entschlüsselt werden, weil dann alle Sinne beteiligt sind. Auch Empathie funktioniert am besten bei räumlicher Nähe. Bereits bei einem Abstand von mehr als zwei Metern lässt sie nach, wie Untersuchungen zeigen.
Im digitalen Raum verlieren wir das Gefühl für richtig und falsch. Im Web erleben wir derzeit das Ende der Wahrheit. Je mehr Fakes aber dort ihr Unwesen treiben, desto wichtiger wird Face-to-Face. Hemmschwellen sinken in der Anonymität. Hingegen verändert Augenkontakt das Verhalten der Menschen zum Guten.
Kreatives Denken braucht Zeit – und die Freiheit von Zwängen
Kreativität, die Schlüsselressource der Zukunft, kann nur in Freiräumen entstehen. Sie ist wie eine launische Diva, die die richtigen Umstände braucht. Heiterkeit, Muße und Stress-Abstinenz gehören dazu. Für kluge Gedanken braucht man Zeit – und die Freiheit von Zwängen. Wissensarbeiter benötigen Führungskräfte, die in jeder Hinsicht optimale Rahmenbedingungen schaffen, damit sich ihre Leute voll entfalten können.
Arbeit muss Spaß machen, um gut zu werden. Aus diesem Grund wird in Internetfirmen auch so viel Wert auf ein Wohlfühlklima gelegt. Alles hockt nah beieinander. Und jeder redet hierarchiefrei mit jedem. Nähe sorgt für Verbundenheit. Wer oft miteinander zu tun hat, sollte also nicht nur im gleichen Gebäude, sondern möglichst auch im gleichen Stockwerk arbeiten. Wir suchen unsere Mitmenschen am ehesten auf gleicher Ebene auf. Dies ist ein Relikt aus unserer Ära als Savannenmensch.
Wir brauchen Raum um uns herum, helles warmes Licht, viel grüne Natur, sinnvolle Laufwege, Kommunikationsinseln, runde Versammlungseinheiten, Rückzugs- und Erholungsorte, Kuschelecken – und Zeit für gemeinsame Plauschpausen. Kreativität entsteht ja nicht auf Kommando, wenn man am Schreibtisch sitzt, sondern immer dann, wenn unser Denkapparat sich entspannt und Ideenfunken mit anderen teilt.
Die „Weisheit der Vielen“ sorgt für konkurrenzlosen Vorsprung
Der beste kreative Output kommt nicht von Eigenbrödlern im Elfenbeinturm, sondern im realen Getümmel umherschwirrender Geistesblitze. Zwar ist die Intelligenz Einzelner von Bedeutung, wenn es um Ergebnisse geht, die kollektive Intelligenz, auch „Weisheit der Vielen“ genannt, spielt jedoch eine noch viele größere Rolle.
Wenn genügend kluge Köpfe zusammenkommen, lässt sich jedes Problem lösen. Gemeinsam gelingt es am besten, Ideen zu entwickeln, die zuvor noch niemand hatte und auf die man allein nicht gekommen wäre. In meinem International Book Award Finalisten „Die Orbit-Organisation“ zeige ich detailliert, wie sich die „Weisheit der Vielen“ für einen perfekten Output nutzen lässt.
Inhomoge Gruppen, in denen erstens die unterschiedlichsten Expertisen und Denkweisen zusammenkommen sowie zweitens Hierarchen und Egomanen keinen Zutritt haben, bringen übrigens die besten Resultate hervor. Inzwischen ist sogar erwiesen, wie Robotikprofessor Ken Goldberg verdeutlicht, dass eine Gruppe von lernenden Maschinen bessere Entscheidungen treffen als eine Maschine allein.
Geht es um Andersdenken, um unkonventionelle Lösungen sowie um kleine und große Innovationen, sollten die Arbeitsorte zudem so informell wie möglich gestaltet sein. Stimmen die Rahmenbedingungen, dann steigt nicht nur die Aussicht auf eindrucksvolle Erfolge. Es steigt auch die Chance auf den Serendipity-Effekt. Das ist das Stolpern über glückliche Zufälle, das Finden von Dingen, nach denen man gar nicht gesucht hat.
Das Buch zum Thema - jetzt auch als Hörbuch:
- Kommentieren
- 3543 Aufrufe