Führungswechsel im Unternehmen: Von neuen Besen und dem Umgang mit gewachsenen Hierarchien
Führungswechsel im Unternehmen: Neue Besen kehren anders
Ein Führungswechsel ist in jedem Unternehmen ein Anlass für eine gewisse Unruhe. Vor allem dann, wenn der neue Chef von außerhalb rekrutiert wird und ihn im Unternehmen niemand kennt.
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© Redmann Gerhard / PIXELIO |
In der Kaffeeküche wird geredet: Wo kommt er her, der neue Chef? Wie wird er sein? Was wird sich im Unternehmen verändern? Andere recherchieren im Internet nach ihm, suchen sein Profil in XING, um sich ein erstes Bild machen zu können.
Die erste gemeinsame Mitarbeiterbesprechung bringt Klarheit
Es wird sich einiges verändern im Unternehmen. Das Unternehmen muss wettbewerbsfähig bleiben und noch wettbewerbsfähiger werden. Es muss gespart werden. Die Kosten müssen runter. Vorschläge werden erwartet. Und die Verkaufszahlen müssen „nach oben“. Hier sind Vertrieb und Marketing in der Pflicht.
Widerstand macht sich breit
Sparen? Klar, sehr gerne. Es gibt jede Menge Ansatzpunkte – überall im Unternehmen. Aber bitte nicht bei mir. Auch der Vertrieb meutert: Was glaubt der eigentlich, was wir den ganzen Tag über tun? Immerhin gibt es genügend Gründe, weshalb der Umsatz nicht besser ist als er ist.
Der neue Chef: er steht im Organigramm des Unternehmens - in der formellen Hierarchie – an oberster Stelle. Und ER entscheidet darüber, was im Unternehmen zu geschehen hat. Doch ohne die Rückendeckung der Mitarbeiter wird dies nicht einfach. Denn es gibt in jedem Unternehmen meist eine oder mehrere weitere Hierarchien – unsichtbar im Untergrund und oft nur mit Mühe zu erkennen
Informelle Hierarchien
Informelle Hierarchien sind gewachsene Strukturen - Freundschaften oder Seilschaften, die über Jahre hinweg entstanden sind: Mitarbeiter aus ehemaligen fusionierten Unternehmen, die jetzt über das neue Unternehmen verteilt sind, aber immer noch „wie Pech und Schwefel“ zusammenhalten.
Da kommt es schon mal vor, …
- dass der Hausmeister, der überall im Haus herumkommt und sich mit den meisten Mitarbeitern gut versteht, zu einem wichtigen Informationsträger und Meinungsbildner wird
- dass eine Führungskraft, die schon vor Jahren das Haus verlassen hat, immer noch regelmäßig angerufen und um Rat gefragt wird, oder
- dass die Philosophie des längst verstorbenen Firmengründers immer noch im Unternehmen „weiterlebt“.
Und so kommt es, dass diese informelle Hierarchie eine sehr wichtige Rolle im Unternehmen spielt. Und weil sie nirgendwo schriftlich fixiert wurde, ist sie auch nicht greifbar – nicht veränderbar, und auch nicht abschaltbar. Während sich der bisherige Vorgesetzte in dieser Hierarchie einen festen Platz erarbeitet hatte, ist der neue Chef in dieser Hierarchie nicht erwähnt. Und wenn, dann irgendwo ganz weit außen oder ganz weit unten. Ihm obliegt nun die schwierige Aufgabe, aus dieser Position heraus das Unternehmen zu managen und die Mitarbeiter zu führen und zu begeistern. Gelingt ihm das, hat er die Chance, irgendwann selbst in die Hierarchie der Mitarbeiter aufgenommen zu werden. Gelingt es ihm nicht, wird er Chef bleiben.
Ein Chef mit vielen „Untergebenen“, aber ohne Team.
Was zu beweisen war …
Neue Besen kehren eben oft nicht besser. Sie kehren anders. Und oftmals auch etwas ruppiger – weil sie die unsichtbaren Ecken und Kanten des Unternehmens erst noch kennenlernen müssen.
P.S.: Leider wird in der Praxis allzu häufig versucht, mit Dienstanweisungen in den Griff zu bekommen, was mit bloßen Händen nicht greifbar ist. Die Folgen sind häufig Unzufriedenheit, Resignation oder Kündigung. Auch ein häufig versuchter Austausch der zweiten Führungsebene ändert daran nicht wirklich etwas. Man müsste das gesamte Unternehmen austauschen – incl. der Kunden, die in der informellen Struktur des Unternehmens ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Aber wäre das wirklich die Lösung?
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