Steuerrecht aktuell: Nicht ans Finanzamt abgeführte Lohnsteuer kann angerechnet werden
Steuerrecht aktuell: Gericht bejaht Anrechnung nicht ans Finanzamt abgeführter Lohnsteuer
Im Zuge der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses hatte sich ein Arbeitnehmer mit seinem Arbeitgeber auf die Zahlung einer Abfindung verständigt. Der Arbeitgeber zahlte in der Folge die Abfindung nicht in voller Höhe aus und fiel in Insolvenz. In der Steuerbescheinigung wies er den ausgezahlten Betrag sowie die auf die gesamte vereinbarte Abfindung entfallende Lohnsteuer aus, ohne den gesamten ausgewiesenen Betrag an das Finanzamt abgeführt zu haben. Das Finanzamt unterwarf den ausbezahlten Betrag sowie die ausgewiesene Lohnsteuer als Arbeitslohn der Einkommensteuer. Die Finanzbehörde rechnete aber nur die rechnerisch auf diesen Bruttobetrag entfallende Lohnsteuer an. Der Arbeitnehmer war damit nicht einverstanden und klagte auf Anrechnung der gesamten bescheinigten Lohnsteuer.
Die Klage hatte Erfolg. Nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) sei der gesamte Betrag anzurechnen, da es sich um erhobene Abzugsbeträge handele, die auf bei der Veranlagung erfasste Einkünfte entfielen, entschied das Gericht. Es bestehe zwar keine Bindung an die in der Lohnsteuerbescheinigung ausgewiesenen Beträge. Das beklagte Finanzamt habe sich aber durch die Behandlung des höheren Lohnsteuerbetrages als steuerpflichtigen Vorteil im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung auch hinsichtlich der Anrechnungsfrage festgelegt und gebunden. Unerheblich sei deshalb, dass die Beträge nicht vollständig an das Finanzamt abgeführt worden seien. Der Arbeitnehmer habe mit der Duldung des Einbehalts der Lohnsteuerschuld und der entsprechenden Minderung des Arbeitslohns grundsätzlich seine Zahlungspflicht erfüllt (FG Münster, Urteil vom 24.04.2012, Az.: 6 K 1498/11).
Das Revisionsverfahren ist beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem Aktenzeichen VII R 28/12 anhängig.
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