BFH ändert Rechtsprechung - Künstliche Befruchtung darf steuerlich abgezogen werden
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass Aufwendungen eines Ehepaares für eine künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden können. Im Streitfall war der Mann wegen einer inoperablen organisch bedingten Sterilität zeugungsunfähig, so dass sich die Eheleute entschlossen hatten, ihren Kinderwunsch durch eine künstliche Befruchtung mit Samen eines anonymen Spenders zu verwirklichen (heterologe künstliche Befruchtung). In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Eheleute die Kosten dieser Behandlung von rund 21.000 € als außergewöhnliche Belastung geltend, zu denen insbesondere Kosten einer Heilbehandlung gehören. Das Finanzamt ließ die Aufwendungen unter Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung des BFH nicht zum Abzug zu, weil eine derartige Befruchtung keine Heilbehandlung sei.
Der BFH entschied jetzt, genau diese Rechtsprechung aufzugeben. Die künstliche Befruchtung der (gesunden) Ehefrau mit Fremdsamen bezwecke zwar nicht die Beseitigung der Unfruchtbarkeit des Ehemannes. Sie ziele aber - wie auch eine homologe künstliche Befruchtung wegen der Sterilität des Mannes - auf die Beseitigung der Kinderlosigkeit eines Paares. Dieser komme zwar nicht selbst Krankheitswert zu. Sie sei aber vorliegend unmittelbare Folge der Erkrankung des Klägers. Damit werde auch bei einer heterologen künstlichen Befruchtung die durch Krankheit behinderte Körperfunktion beim Kläger durch eine medizinische Maßnahme ersetzt. Diese sei entgegen der bisherigen Auffassung als Heilbehandlung anzusehen, so dass die Kosten hierfür als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG berücksichtigt werden könnten (BFH, Urteil vom 16.12.2010; Az.: VI R 43/10).
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