Aufpassen – Schon ein bloßer Vermächtnisanspruch kann wirtschaftliches Eigentum begründen
Ein durch Vermächtnis begründeter - aber nicht erfüllter - Anspruch auf Übertragung eines Grundstücks kann laut Finanzgericht (FG) Münster ausreichen, um beim Begünstigten wirtschaftliches Eigentum anzunehmen. Im Streitfall betrieben zunächst der Vater und die Großmutter des Klägers in der Rechtsform der GbR einen Einzelhandel. Die Großmutter überließ der GbR für betriebliche Zwecke ein in ihrem Eigentum stehendes Grundstück. Nach dem Tod der Großmutter führte der Vater das Gewerbe als Einzelunternehmer unverändert fort. Dem Vater, der nicht Erbe geworden war, wurde das Betriebsgrundstück vermächtnisweise zugesprochen. Der Vermächtnisanspruch wurde nicht erfüllt; allerdings verlangte der Erbe das Grundstück auch nicht heraus. Nachdem auch der Vater gestorben war, stellte der Kläger als dessen alleiniger Erbe den Geschäftsbetrieb ein. Das Finanzamt bezog die in dem Grundstück enthaltenen stillen Reserven in den Aufgabegewinn (§ 16 EStG) mit ein.
Das FG hielt dies für zulässig. Das Grundstück habe zwar nicht im zivilrechtlichen Eigentum des Klägers bzw. seines verstorbenen Vaters gestanden, aber dennoch zum Betriebsvermögen gehört. Der Vater sei infolge seines Vermächtnisanspruchs auf Übertragung des Grundstücks wirtschaftlicher Eigentümer laut Abgabenordnung (AO) gewesen. Er habe den zivilrechtlichen Eigentümer - den Erben - auf Dauer von der Einwirkung auf das Grundstück ausschließen können und daher die tatsächliche Sachherrschaft ausgeübt. Einem etwaigen Herausgabeverlangen des Erben hätte er wirksam den zivilrechtlichen Vermächtnisanspruch entgegengehalten können (FG Münster, Urteil vom 11.11.2010; Az.: 11 K 4309/07 F).
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