Arbeitslosenversicherung: Ab 2011 gelten neuen Regeln für Selbständige und Existenzgründer
Auch 2011 können sich Existenzgründerinnen und -gründer in der freiwilligen Arbeitslosenversicherung für Selbständige, dem so genannten Versicherungspflichtverhältnis auf Antrag, versichern. Der Bundesrat hat allerdings im Juli einige Neuregelungen im Rahmen des Beschäftigungschancengesetzes beschlossen, die im September vom Bundesrat gebilligt wurden. Die folgenden Änderungen gelten ab 01.01.2011.
Diese Voraussetzungen sind maßgeblich
Wer sich freiwillig in der Arbeitslosenversicherung weiterversichern will, muss u.a. eine der folgenden beiden Voraussetzungen erfüllen:
- Selbständige müssen vor Aufnahme ihrer Tätigkeit innerhalb der letzten 24 Monate mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis nach dem Dritten Sozialgesetzbuch SGB III (also z.B. als Arbeitnehmer) gestanden haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein durchgehendes Versicherungspflichtverhältnis handelt oder ob einzelne Versicherungszeiten zusammengerechnet werden.
Tipp
Im Gegensatz zum bisherigen Recht können Zeiten der freiwilligen Weiterversicherung berücksichtigt werden. Das ermöglicht zum Beispiel auch Auslandsbeschäftigten, die sich nach ihrer Rückkehr selbständig machen, die freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung.
Der Antragsteller muss unmittelbar vor Aufnahme der selbständigen Tätigkeit eine Entgeltersatzleistung (z. B. Arbeitslosengeld) nach SGB III bezogen haben. Die Dauer des Bezugs spielt dabei keine Rolle.
Aufpassen
Die freiwillige Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung ist nicht möglich, wenn der Antragsteller bereits anderweitig versicherungspflichtig ist (z.B. als Arbeitnehmer, bei Kindererziehungszeiten oder Wehrpflicht) oder zu einem Personenkreis gehört, der grundsätzlich versicherungsfrei ist (z.B. Beamter, Richter, Soldat).
Für den Antrag ist die Arbeitsagentur zuständig
Der Antrag wird bei der Arbeitsagentur am Wohnort gestellt. Bis Ende des Jahres muss dies noch innerhalb des ersten Monats der Selbständigkeit erfolgen. Ab dem 1. Januar 2011 sollte der Antrag innerhalb der ersten drei Monate gestellt werden. Wie bisher beginnt das Versicherungsverhältnis mit dem innerhalb der dreimonatigen Antragsfrist liegenden Tag der Tätigkeitsaufnahme (der Antrag wirkt damit bis zu drei Monate zurück).
Vorsicht
Wer ab 2011 zweimal als Selbständiger Arbeitslosengeld bezieht, kann sich nicht mehr als Selbständiger in der Arbeitslosenversicherung freiwillig versichern. Der Ausschlussgrund greift allerdings nur, wenn der Versicherte nach seinem Leistungsbezug nicht bereits wieder mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit (hierzu zählen auch Zeiten der freiwilligen Weiterversicherung) stand und deshalb keinen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben hat.
Niedriger Beitrag verdoppelt sich 2012
Der monatliche Beitrag bemisst sich ab 2011 an der halben und ab 2012 an der vollen Bezugsgröße (= jährlich neu berechnete Rechengröße in der gesetzlichen Sozialversicherung). Damit steigen die Beiträge ab 2011 auf ca. 38 Euro (Westdeutschland) bzw. ca. 32 Euro (Ostdeutschland) und ab 2012 auf das jeweils Doppelte.
Tipp
Für Gründerinnen und Gründer gilt folgende Sonderregelung: Innerhalb des ersten Jahres ihrer Selbständigkeit zahlen sie den jeweils halben Beitragssatz von ca. 38 Euro bzw. ca. 32 Euro.
Höhe des Arbeitslosengeldes wird fingiert
Wer mit seiner beruflichen Selbständigkeit scheitert, kann die Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen, wenn sie oder er die sonstigen Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld erfüllt. Die Höhe des Arbeitslosengeldes orientiert sich bei Arbeitslosen, die in den letzten zwei Jahren vor der Arbeitslosenmeldung als Selbständige freiwillig versichert waren, an einem fiktiven Arbeitsentgelt. Die Höhe dieses fiktiven Arbeitsentgelts hängt u. a. von der Beschäftigung ab, an der sich die Agentur für Arbeit bei ihren Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen orientiert. Ausschlaggebend ist auch die Qualifikation, die für die Ausübung dieser Beschäftigung erforderlich ist.
Aufpassen
Hier sind Rechtsstreitigkeiten vorprogrammiert. Sammeln Sie für ggf. notwendige Widerspruchsverfahren schon vorab alle Unterlagen, mit denen Sie Ihre Qualifikation belegen können. Dazu gehören auch Angaben über durchschnittliche Arbeitsentgelte in der betreffenden Branche, die Sie bspw. bei den IHKs oder anderen einschlägigen Berufsverbänden erhalten können.
Bezugsdauer ist wie beim „normalen“ Arbeitslosengeld I geregelt
Wie lange das Arbeitslosengeld gezahlt wird, hängt davon ab, wie lange der Selbständige in den letzten zwei Jahren („Rahmenfrist“) vor Beginn der Arbeitslosigkeit in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat und wie alt er ist.
Hinzuverdienst während der Arbeitslosigkeit ist möglich
Wer Arbeitslosengeld bezieht, kann auch weiterhin beispielsweise als Selbständiger in bestimmten Grenzen hinzuverdienen: bis zu 165 Euro monatlich (Stand: 2010). Darüber hinausgehende Einnahmen werden vom Arbeitslosengeld abgezogen. In jedem Fall gilt: Wer Arbeitslosengeld bezieht, muss beschäftigungslos sein (die Nebentätigkeit darf 15 Stunden wöchentlich nicht erreichen), muss dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und alle Möglichkeiten nutzen, um seine Arbeitslosigkeit zu beenden.
Tipp
Selbständige, die vor ihrer Selbständigkeit sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren und bereits Arbeitslosengeld bezogen haben, haben einen Restanspruch auf Arbeitslosengeld (§ 147 SGB III). Er gilt aber nur dann, wenn seit der erstmaligen Entstehung dieses Anspruchs noch keine vier Jahre vergangen sind. Dieser Restanspruch und der neu erworbene Anspruch durch die freiwillige Weiterversicherung werden zu einem dem Alter entsprechenden Gesamthöchstanspruch zusammengerechnet.
Sonderkündigungsrecht für arbeitslosenversicherte Selbstständige
Die Neuregelungen enthalten eine weitere Optionsmöglichkeit. Wer bereits als Selbständiger versichert ist und ab 2011 nicht weiter in der Arbeitslosenversicherung bleiben möchte, erhält bis zum 31. März 2011 ein Sonderkündigungsrecht, das er bis zum 31. Dezember 2010 rückwirkend geltend machen kann. Wer ab 1. Januar 2011 als neues Mitglied in die freiwillige Arbeitslosenversicherung einbezahlt, kann nach fünf Jahren und dann jeweils mit einer dreimonatigen Frist das Versicherungsverhältnis kündigen.
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