Stress abbauen mit der HALT-Strategie
Auf dem Zahnfleisch gehen
Stress kommt nicht von ungefähr. Stress baut sich auf. Sie kennen solche Momente, gar Tage. Es scheint, als würden Sie Minute für Minute an die Grenzen Ihrer (psychischen) Belastung geraten. Auf Ihrem Schreibtisch türmen sich die Aufgaben. Beim Anblick all der Termine, die Sie in Outlook vermerkt haben, geraten Sie ins Schwitzen. Permanent klingelt das Telefon. Konzentriert arbeiten ist nur ein frommer Wunsch. Und Ihr Vorgesetzter macht Druck, damit die Kundenpräsentation rechtzeitig fertig wird. Im Team gibt es Streitigkeiten. Zusätzlich beschäftigen Sie private Unstimmigkeiten. Nur jetzt nicht. Es gibt einfach viel zu viel Stress – auch am Arbeitsplatz. Ihnen breitet sich ein Gefühl aus, als würden Sie auf dem Zahnfleisch gehen. Am liebsten würden Sie ein „weißes Tuch in den Ring“ werfen. Dennoch machen Sie weiter, obwohl Sie längst am Limit Ihrer Kräfte sind, oft genug sogar Ihre Grenzen überschreiten.
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Endlich Halt sagen – mit der HALT-Strategie
Sie laufen im Grunde auf Reserve. Kein guter Zustand. Viel zu hoch das Risiko, sich dabei auszubrennen, gar einen Burn-Out zu erleiden. Damit ist niemandem geholfen: Ihnen nicht. Ihrem Vorgesetzten und Team nicht. Ihrer Familie und Ihren Freunden nicht. Deshalb ziehen Sie wirklich die Reißleine. Sagen Sie endlich HALT – und nutzen Sie die HALT-Strategie, um kurz-, mittel- und langfristig für sich eine neue, optimalere Balance in Ihrem Leben zu bewirken und Ihren Stress zu reduzieren.
Die HALT-Strategie im Überblick
Die HALT-Strategie besteht aus drei Aspekten. Lernen Sie diese jetzt kennen:
Aspekt 1: Das HALT – und seine wichtige Bedeutung
Halt ist ein mächtiges Wort. Sie nutzen es, wann immer Sie jemanden oder einen Prozess stoppen möchten. Das Wort Halt lenkt somit Ihren Fokus automatisch auf anHalten, aufHalten, inneHalten, EinHalt, Haltung, hausHalten, InHalte, RückHalt, Haltung oder auch VerHalten, um nur einige Wörter, die ein Halt beinhalten, zu benennen.
Aspekt 2: Die HALT-Risiken
Auf dem Zahnfleisch gehen wird durch die 4 HALT-Risiken begünstigt:
H = Hunger und/oder Hetze
A = Alleinsein oder sich einsam fühlen
L = Leiden unter starken Gefühlen wie Wut
T = Todmüde sein
Aspekt 3: Die HALT-Tricks
Allerdings können Sie aktiv gegensteuern und so kluge Grenzen setzen. Es gibt HALT-Tricks, die Sie bei der Stressbewältigung unterstützen.
H = Hinschauen
A = Achtsam sein
L = Loslassen
T = Tun – und zwar anders
Um Ihren Stress gut zu bewältigen, ist es wichtig, die HALT-Risiken zu minieren und die HALT-Tricks gezielt umzusetzen.
Stress abbauen mit der HALT-Strategie: 3 Tipps
Die Anwendung der HALT-Strategie für Ihren Stressabbau ist einfach. Dennoch bedarf sie wie jede Strategie Ihrer Aufmerksamkeit. Lohnen tut es sich. Ihr Wohlbefinden steigt. Ihre Leistungsfähigkeit verbessert sich.
Tipp 1: Sich für Ihre persönlichen HALT-Risiken sensibilisieren
Arbeitsstress löst vieles aus. Sicherlich kennen Sie Ihre persönlichen Stresssymptome wie Kopfschmerzen, Sodbrennen, Nervosität oder aus der Haut fahren, die in Stresssituationen auftreten können. Durch dieses Wissen erkennen Sie schnell, wann und wie stark Sie gestresst sind.
Ihr Fokus wird sich jedoch kaum damit befassen, welche HALT-Risiken in diesen Stresssituationen getriggert wurden. Meist liegt es daran, dass Sie sich noch nicht in deren Wahrnehmung geschult haben. Holen Sie dies jetzt nach. Fragen Sie sich:
- Welche HALT-Risiken sind in diesen Stressmomenten aktiv?
- Gibt es ein oder zwei Risiken, die besonders stark ins Gewicht fallen?
- Trinken Sie bei Stress zu wenig?
- Versorgen Sie Ihren Körper mit zu wenig Energie, ob durch feste Nahrung oder Flüssigkeiten?
- Sind Sie erschöpft?
- Lassen Sie Pausen ausfallen?
- Hetzen Sie von einem Termin oder von einer Aufgabe zur anderen?
- Ist etwas vorgefallen, dass starke Gefühle in Ihnen ausgelöst hat?
- Schlafen Sie (in letzter Zeit) schlecht?
- Sind Sie ein Team-of-one und arbeiten deshalb grundsätzlich alleine?
- Fehlt Ihnen der Sozialkontakt zu Kollegen, weil Sie im Homeoffice arbeiten?
- Gibt es HALT-Risiken, die viel zu oft, vielleicht permanent getriggert werden?
- Wie erkennen Sie für sich, ob das eine oder andere Risiko aktiv ist oder unterschwellig Stress aufbaut?
- Wie können Sie sich zukünftig besser dafür sensibilisieren, dass das eine oder andere Risiko nicht zu stark ausufert bzw. dass Sie es am besten sehr früh aufHalten?
Tipp 2: Regelmässig inneHalten und Achtsamkeit praktizieren
Sie wollen eins: Im Gleichgewicht bleiben, so oft es geht. Gönnen Sie sich dafür immer wieder kurze InneHalt-Pausen. Zu Beginn vielleicht am besten einmal die Stunde oder nach spätestens 90 Minuten. Spüren Sie in diesen kurzen Pausen von maximal 5 Minuten nach achtsam in sich hinein,
- wie es Ihnen gerade geht.
- was Sie fühlen.
- was Sie denken.
- ob Sie etwas verärgert oder erfreut hat.
- ob Sie sich frisch fühlen oder eher schlapp und müde.
- ob Sie frische Luft benötigen.
- ob Sie sich etwas bewegen möchten, um die Verspannungen im Körper abzubauen.
- ob Sie etwas zu essen oder zu trinken benötigen.
- ob Sie ein „social cuddling“ wollen. Vielleicht einen kleinen Plausch mit einem Kollegen?
- ob Sie einige Stressbälle gegen die Wand werfen wollen.
- was Ihnen fehlt.
- was Sie tun können, um Ihr Wohlbefinden zu steigern.
Überlegen Sie nicht lange. Klären Sie schnell und mühelos Ihre Bedürfnisse. Setzen Sie diese, soweit es Ihnen möglich ist, um.
Tipp 3: Gezielt loslassen – und sich neu ausrichten
Sie wollen am liebsten nie mehr auf dem Zahnfleisch gehen. Prima! Damit Sie Ihr Ziel erreichen, heißt es sich umzuorientieren – ein wenig. Schließlich führten bestimmte VerHaltensweisen bisher eher dazu, dass sie viel zu viel Stress empfunden haben. Solche VerHaltensweisen dürfen Sie ab heute – nach und nach – loslassen.
Prüfen Sie erst einmal, am besten unter Berücksichtigung Ihrer persönlichen HALT-Risiken, welches Handlungsmuster kontraproduktiv ist. Benennen Sie so konkret als möglich, was Sie loslassen wollen – beispielsweise sich zu hetzen und zu wenig Pausen machen.
Überlegen Sie gleichzeitig, wodurch Sie dieses VerHalten ersetzen möchten, d.h. lassen Sie kein Vakuum in Ihrem Handlungsrepertoire entstehen. Denn dadurch riskieren Sie wieder in alte Stress-Muster zu fallen. Legen Sie also fest,
- was Sie stattdessen tun möchten – beispielsweise in Ihrem Zeitmanagement Pufferzeiten einbauen und mit Ihrem Vorgesetzten die Prioritäten der Aufgaben realistischer festlegen.
- wie Sie sich selbst darin erinnern können, das Neue zu tun, statt das alte zu wiederholen – beispielsweise auf Ihrem Smartphone die Weckerfunktion zu aktiveren, um Pausen einzuhalten.
- mit welchem ersten Schritt die neue Handlung beginnt.
- welche danach folgen werden.
Probieren Sie Ihre Ideen aus. Falls manches nicht so gut funktioniert, keine Panik auf der Titanic. Prüfen Sie, was funktioniert hat. Dies sollten Sie beibehalten. Überlegen Sie, woran es lag, dass Sie einzelne Schritte bei der Realisierung Ihres Zieles nicht umsetzen konnten. Listen Sie Lösungen auf, die Sie ausprobieren. Optimieren Sie Ihr Vorgehen, bis alles für Sie rund läuft – und Ihr Umgang mit Ihrem Stress Sie zufriedenstellt.
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