Trotz UN-Behindertenkonvention – Krankenkassenversicherte haben keinen Anspruch auf Potenzmittel
Versicherter klagt auf Kostenerstattung von Potenzmittel wegen erektiler Dysfunktion
Das Bundessozialgericht (BSG) hat jetzt entschieden, dass ein Patient wegen der Versorgung mit dem Potenzmittel Cialis zur Behandlung seiner erektilen Dysfunktion von der beklagten Krankenkasse weder Kostenerstattung für die Vergangenheit noch künftige Naturalleistung beanspruchen kann. Im Ausgangsfall hatte ein Versicherter die Kosten für Cialis gegenüber der Barmer Ersatzkasse geltend gemacht, war aber abgewiesen worden. Daraufhin erhob er Klage gegen die Krankenkasse.
Ausschluss von Potenzmittel ist keine Diskriminierung
Das BSG wies die Klage ab. Die Behandlung der erektilen Dysfunktion mit Cialis unterfalle nicht dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). § 34 Absatz 7 und 8 SGB V schließen Arzneimittel von der GKV-Versorgung aus, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Auch die UN-Konvention für die Rechte behinderter Menschen (UN-BRK) hebe den gesetzlichen Leistungsausschluss nicht auf. Die entsprechende Regelung ist in ihrem hier bedeutsamen Teil nicht hinreichend bestimmt, um unmittelbar angewendet zu werden; sie bedarf vielmehr einer Ausführungsgesetzgebung. Der Leistungsausschluss nach § 34 SGB V verstößt weder gegen das verfassungsrechtliche Benachteiligungs- noch gegen das konventionsrechtliche Diskriminierungsverbot. Er knüpft nicht an eine Behinderung in diesem Sinne an, sondern erfasst weitergehend im Vorfeld alle Fälle der Erkrankung oder Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen. Soweit die Ausschlussregelung zugleich behinderte Menschen trifft, ist sie wegen des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung des GKV-Leistungskatalogs noch gerechtfertigt. GG und UN-BRK fordern zur Achtung des Diskriminierungsverbots keine unverhältnismäßigen oder unbilligen Belastungen. Der Gesetzgeber verletzt seinen Gestaltungsspielraum nicht, wenn er angesichts der beschränkten finanziellen Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung solche Leistungen aus dem Leistungskatalog ausschließt, die in erster Linie einer Steigerung der Lebensqualität jenseits lebensbedrohlicher Zustände dienen. Dies gilt erst recht, wenn es sich um Bereiche handelt, bei denen die Übergänge zwischen krankhaften und nicht krankhaften Zuständen auch maßgeblich vom subjektiven Empfinden des einzelnen Versicherten abhängen können. Schließlich darf der Gesetzgeber auch aus Gründen der Rechtssicherheit klare Grenzlinien ziehen (BSG, Urteil vom 06.03.2012; Az.: B 1 KR 10/11 R).
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