Werbepost gegen den Willen des Empfängers ist unzumutbare Belästigung
Postwurfsendungen gegen den Willen des Empfängers sind unzumutbare Belästigungen
Das Zusenden von Postwurfsendungen gegen den ausdrücklichen Willen des Empfängers stellt laut Landgericht (LG) Lüneburg einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar und sind als unzumutbare Belästigung im Sinne des Wettbewerbsrechts anzusehen. Im Ausgangsfall hatte ein Anwalt die Deutsche Post verklagt, da er immer wieder Ausgaben der von der Post herausgegebenen Werbung „Einkauf aktuell“ erhielt. Er hatte sich bei der Deutschen Post mehrfach telefonisch und schriftlich gegen die Zustellung gewehrt. Diese riet ihm, einen Aufkleber mit „Werbung - nein danke!“ anzubringen, was der Anwalt ablehnte. Er erhob stattdessen Unterlassungsklage, die vom Amtsgericht abgelehnt wurde.
Entscheidung hat nach Ansicht des LG Bedeutung für die gesamte Werbewirtschaft
Das Landgericht gab der dagegen gerichteten Berufung statt. Das Zusenden von Postwurfsendungen gegen den ausdrücklichen Willen des Empfängers stelle einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, nämlich dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, dar sowie eine Eigentums- oder Besitzstörung. Die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers und die Eigentumsstörung erfolgten auch rechtswidrig. Dies ergebe sich aus § 7 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 1 UWG. Danach ist Werbung unzulässig, durch die ein Marktteilnehmer unzumutbar belästigt wird. Der Umstand, dass der Kläger eine weitere Zusendung der Werbung nicht wünscht, war für die Beklagte auch erkennbar gewesen. Eine solche Erkennbarkeit ist stets gegeben, wenn der Widerspruch dem Werbenden gegenüber brieflich oder telefonisch erklärt wurde. Ein Unternehmer hat demnach den Willen eines Verbrauchers unabhängig davon zu beachten, ob dies wegen der Art und Anlage der Werbeaktion mit einem Arbeits- und Kostenaufwand verbunden ist, der in keinem angemessenen Verhältnis zu der mit der Werbung verbundenen Belästigung des Umworbenen steht. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers sei hier (noch) nicht zu erkennen. Insbesondere könne ihm nicht aufgegeben werden, einen Sperrvermerk auf seinem Briefkasten anzubringen, um so sein Interesse auf leichterem Wege durchzusetzen bzw. für eine bessere und für die Beklagte finanziell günstigere Erkennbarkeit zu sorgen. Die Richter ließen die Revision zu, da die Entscheidung für die gesamte Werbewirtschaft von grundsätzlicher Bedeutung sei. Soweit sich aus § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG eine stets unzulässige Belästigung ohne die Möglichkeit der Abwägung der entgegenstehenden Interessen der Parteien ergebe, folge hieraus die Verpflichtung der werbenden Unternehmen, die ihnen persönlich mitgeteilte Wünsche von Werbeverweigerer zukünftig zu beachten und diesen durch organisatorische Maßnahmen Rechnung zu tragen, was erhebliche Auswirkungen auf die bisherige Form der (kostengünstigen) Postwurfsendungen haben werde (LG Lüneburg, Urteil vom 30.09.2011; Az.: 4 S 44/11). Anmerkung: Revision wurde nicht eingelegt, das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.
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