Nutztierprivileg: Landwirt muss für Schäden durch randalierendes Rind nicht haften
Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig-Holstein musste sich jetzt erneut mit der Schadenersatzforderung gegen einen Landwirt beschäftigen. Dessen trächtiges Jungrind hatte in einer Panikreaktion den Weidezaun durchgebrochen und war bis zur nächsten Kreisstraße gelaufen, auf der es mit zwei Autos kollidierte. Den entstandenen Sachschaden an ihren Autos (mehr als 10.000 €) bekamen die Kläger im ersten Verfahren vor dem OLG vom Tierhalter nicht ersetzt. Der Landwirt hatte sich erfolgreich auf das Haftungsprivileg des Halters von Nutztieren berufen. § 833 Satz 2 BGB schreibt vor, dass der Tierhalter – im Gegensatz zu Haustieren - nicht haften muss, wenn er seiner Aufsichtspflicht über das Tier nachgekommen ist oder der Schaden auch bei ausreichender Aufsicht entstanden wäre. Der Fall landete beim BGH (Urteil vom 30.06.2009; Az.: VI ZR 266/08). Dort wurde die unterschiedliche Ausgestaltung der Tierhalterhaftung, je nachdem ob das Tier zu wirtschaftlichen Zwecken gehalten wird oder nicht, als eine grundgesetzgemäße Entscheidung des Gesetzgebers angesehen. Der BGH gab dem OLG aber auf, die Verletzung von Sorgfaltspflichten durch den Landwirt erneut zu prüfen.
In seinem jetzigen Urteil geht das OLG laut Gutachten eines landwirtschaftlichen Sachverständigen davon aus, dass der Ausbruch auf einer Panikreaktion des Tieres beruhte. Aus Sicht des Gerichts haftet der Landwirt deshalb nicht, auch wenn der Zaun sich an der Ausbruchsstelle möglicherweise nicht in einem ordnungsgemäßen Zustand befunden haben sollte. Denn selbst dann, wenn der Landwirt den vom Sachverständigen bei Jungrindern für erforderlich angesehenen Zaun (Festzaun, Kombizaun oder Elektrozaun mit mindestens zwei stromführenden Drähten) angebracht hätte, hätte dieser einer Panikreaktion des Rinds nicht stand gehalten (OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 20.04.2011; Az.: 7 U 13/08).
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