BGH lehnt Vergütungsanspruch fürs Kartenlegen nicht generell ab
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat gestern über die Frage entschieden, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Vergütung für eine Leistung, die unter Einsatz übernatürlicher, magischer Kräfte und Fähigkeiten erbracht werden soll (hier: Lebensberatung in Verbindung mit Kartenlegen), besteht. Im Ausgangsfall hatte der sich in einer Lebenskrise befindliche Beklagte in vielen Fällen zu verschiedenen - privaten und beruflichen - Lebensfragen von einer Frau die Karten legen lassen und Ratschläge erhalten. Hierfür zahlte er 2008 mehr als 35.000 €. Für im Januar 2009 erbrachte Leistungen verlangt die Klägerin mit ihrer Klage 6.723,50 €. Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Landgericht und Oberlandesgericht haben den geltend gemachten Vergütungsanspruch mit der Begründung verneint, dass die von der Klägerin versprochene Leistung auf den Gebrauch übernatürlicher, magischer Kräfte und Fähigkeiten gerichtet und damit objektiv unmöglich sei, so dass der Anspruch die Gegenleistung (Entgelt) laut BGB entfalle.
Der Bundesgerichtshof (BGH) billigte die Annahme der Vorinstanzen, dass die von der Klägerin versprochene Leistung objektiv unmöglich ist. Eine Leistung ist objektiv unmöglich, wenn sie nach den Naturgesetzen oder nach dem Stand der Erkenntnis von Wissenschaft und Technik schlechthin nicht erbracht werden kann. So liegt es beim Versprechen des Einsatzes übernatürlicher, "magischer" oder parapsychologischer Kräfte und Fähigkeiten. Allerdings folgt aus der objektiven Unmöglichkeit der versprochenen Leistung nicht zwingend, dass der Vergütungsanspruch entfällt. Die Vertragsparteien können im Rahmen der Vertragsfreiheit und in Anerkennung ihrer Selbstverantwortung wirksam vereinbaren, dass eine Seite sich - gegen Entgelt - dazu verpflichtet, Leistungen zu erbringen, deren Grundlagen und Wirkungen nach den Erkenntnissen der Wissenschaft und Technik nicht erweislich sind, sondern nur einer inneren Überzeugung, einem dahingehenden Glauben oder einer irrationalen, für Dritte nicht nachvollziehbaren Haltung entsprechen. "Erkauft" sich jemand derartige Leistungen im Bewusstsein darüber, dass die Geeignetheit und Tauglichkeit dieser Leistungen zur Erreichung des von ihm gewünschten Erfolgs rational nicht erklärbar ist, so würde es Inhalt und Zweck des Vertrags sowie den Motiven und Vorstellungen der Parteien widersprechen, den Vergütungsanspruch des Dienstverpflichteten zu verneinen. Die Bundesrichter verwiesen die Sache an das Berufungsgericht zurück. Dort soll geklärt werden, ob ein solcher Willen der Parteien bestand, aber auch, um die bislang offen gelassene Frage zu beantworten, ob die Vereinbarung der Parteien nach § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist. In diesem Zusammenhang dürfe nicht verkannt werden, dass sich viele Personen, die derartige Verträge schließen, in einer schwierigen Lebenssituation befinden oder es sich bei ihnen um leichtgläubige, unerfahrene oder psychisch labile Menschen handelt. Daher könnten in solchen Fällen keine allzu hohen Anforderungen an einen Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB gestellt werden (BGH, Urteil vom 13.01.2011; Az.: III ZR 87/10).
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