Widerruf beim Internetkauf – Verbraucher sind für Wertminderung durch Erstgebrauch nicht verantwortlich
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat gestern eine wichtige Entscheidung zur Ersatzpflicht beim Widerruf wegen des Gebrauchs einer im Internet gekauften Ware getroffen.
Im Ausgangsfall hatten die Parteien per E-Mail einen Kaufvertrag über ein Wasserbett zum Preis von 1.265 € geschlossen.
Das Angebot des Verkäufers (Beklagter), der die Wasserbetten über das Internet zum Verkauf anbietet, war dem Käufer per E-Mail als angehängte PDF-Datei übersandt worden. Der Text der E-Mail enthält eine Widerrufsbelehrung. In der E-Mail heißt es: "Im Hinblick auf die o. g. Widerrufsbelehrung weisen wir ergänzend darauf hin, dass durch das Befüllen der Matratze des Wasserbettes regelmäßig eine Verschlechterung eintritt, da das Bett nicht mehr als neuwertig zu veräußern ist."
Das Wasserbett wurde gegen Barzahlung beim Käufer angeliefert. Der Käufer baute das Wasserbett auf und befüllte die Matratze mit Wasser.
Anschließend übte er sein Widerrufsrecht aus. Nach Abholung des Wasserbetts forderte er den Verkäufer zur Rückzahlung des Kaufpreises auf. Der Verkäufer erstattete lediglich einen Betrag von 258 € und machte geltend, dass das Bett nicht mehr verkäuflich sei; lediglich die Heizung mit einem Wert von 258 € sei wieder verwertbar.
Das Amts- und das Landgericht gaben der auf Rückzahlung des restlichen Kaufpreises von 1.007 € gerichteten Klage statt.
Die dagegen gerichtete Revision des Verkäufers hatte keinen Erfolg. Der BGH entschied, dass der Käufer trotz des möglicherweise eingetretenen Wertverlusts den vollen Kaufpreis zurückverlangen kann, da er die Ware nur geprüft hat.
Ein fristgerecht erklärter Widerspruch des Verbrauchers beim Fernabsatzvertrag hat zur Folge, dass die empfangenen Leistungen von den Vertragsparteien zurückzugewähren sind. Soweit der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist, muss der Schuldner statt der Rückgabe Wertersatz leisten. Dabei muss der Verbraucher laut BGB auch Wertersatz für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Diese Wertersatzpflicht greift aber dann nicht, wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist. Letzteres war vorliegend der Fall. Der Aufbau des Betts und die Befüllung der Matratze mit Wasser stellen nämlich lediglich eine Prüfung der Sache dar. Der Verbraucher soll grundsätzlich Gelegenheit haben, die durch Vertragsabschluss im Fernabsatz gekaufte Ware zu prüfen und auszuprobieren, weil er die Ware vor Abschluss des Vertrags nicht sehen konnte. Dies schließt die Ingebrauchnahme ein, soweit sie zu Prüfzwecken erforderlich ist, selbst wenn sie zu einer Wertminderung der Ware führt (BGH, Urteil vom 03.11.2010; Az.: VIII ZR 337/09).
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