ISO 9001:2015: Eine wirkliche Weiterentwicklung
Seit vielen Jahre beschäftige ich mich praktisch mit der ISO 9001:2008. Und seit es den Final Draft der ISO 9001:2015 gibt, habe ich mich auch der neuen Norm intensiv gewidmet. Und nach vielen theoretischen Überlegungen und den ersten praktischen Erfahrungen kann ich sagen, die „neue“ Norm ist eine wirkliche Weiterentwicklung. Es als Schritt in die richtige Richtung zu bezeichnen würde hier zu kurz greifen. Denn die Norm wurde den aktuellen Gegebenheiten angepasst, es wurde aus alten Fehlern gelernt und wenn ein Qualitätsmanagementsystem nach der ISO 9001:2015 auch wirklich umgesetzt und gelebt wird, dann kann es den nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens noch mehr unterstützen, als es ihr Vorgänger gemacht hat.
Lassen Sie mich dies an zwei Beispielen erläutern.
Qualitätsziele
Ja, auch die „alte“ ISO 9001 hatte die Forderung nach Qualitätszielen und dass diese messbar sein und für zutreffende Funktionsbereiche und Ebenen formuliert sein müssen. Wie sagte schon Michel de Montaigne: „Dem weht kein Wind, der keinen Hafen hat, nach dem er segelt.“
Doch die ISO 9001:2015 geht darüber hinaus. In ihr wird auch gefordert, dass die Erreichung der Ziele geplant werden muss. Es muss geplant werden was getan wird, welche Ressourcen dafür nötig sind, wer dafür verantwortlich ist, bis wann die Ziele erreicht werden sollen und wie die Ergebnisse zu bewerten sind. Und darin sehe ich einen fundamentalen Fortschritt. Denn eine bloße Zieldefinierung (die nach alter Norm ausreichend wäre), die bringt noch lange keine Verbesserung. Ich kann mir viel vornehmen, doch wenn ich keine Schritte unternehme diese Ziele auch wirklich zu erreichen, dann werde ich bloß auf der Stelle stehen bleiben. Ich kann auch nicht morgen aufstehen und sagen, dass ich eine bessere Qualität anstrebe und dann nichts unternehmen, um dies auch zu erreichen. Wenn ich mit den alten Abläufen und identischen Hilfsmitteln arbeite, dann wird das Ergebnis auch immer so bleiben, wie es bis dahin gewesen ist. Und so sieht es auch mit den Qualitätszielen aus, die ja immer direkt oder indirekt auf die Qualität ausgerichtet sind. Es muss etwas verändert werden (personelle oder materielle Ressourcen, Infrastruktur oder Arbeitsumgebung) um diese zu erreichen. Das muss geplant werden, es muss jemand dafür den Hut aufhaben (also verantwortlich sein), ein Zieldatum muss geplant werden (ansonsten ist immer irgendetwas anderes gerade wichtiger) und es muss im Vorwege schon geklärt werden, wie diese Zielerreichung ausgewertet wird. Und gerade auch die Auswertung ist ein wichtiger Baustein. Denn hier wird bei positive Auswirkungen entschieden, dass Dinge die bis dahin temporär getestet wurden, dann auch als Standard festgelegt werden. Oder wenn ich die Ziele nicht erreicht habe, was ja auch durchaus vorkommen kann, dann muss dies festgestellt werden, weil dies dann wiederum der Ausgangspunkt für neue Planungen zur Zielerreichung ist.
Risikobasiertes Denken
Neu in der ISO 9001:2015 ist das risikobasierte Denken. Neu? Nein, denn es war schon enthalten und wurde nur anders genannt, es waren die Vorbeugungsmaßnahmen. Auch hier war schon gefordert, dass für mögliche Fehler die möglichen Ursachen ermittelt und abgestellt werden mussten, um die Auswirkungen beim Auftreten des Fehlers zu vermindern oder den Fehler gleich ganz auszuschließen. Also nicht wirklich neu, sondern nur anders genannt und es wird jetzt eine strukturiertere Vorgehensweise diesbezüglich gefordert. Auch das ist für mich ein weiterer großer Schritt in die richtige Richtung. Denn teilweise sind sich Unternehmer und Mitarbeiter nicht bewusst, welchen Risiken ihre Prozesse ausgesetzt sind und welche Folgen Fehler haben könnten. Hier ist es wirklich wichtig, sich analytisch mit diesem Thema auseinanderzusetzen, denn ein einziger großer Fehler kann eine langjährige erfolgreiche Unternehmung innerhalb kurzer Zeit zunichte machen. Und es gibt hier zahlreiche Möglichkeiten, wie man nicht nur die Normforderung diesbezüglich erfüllt, sondern auch auf effiziente Art und Weise das Fehlerrisiko im Unternehmen drastisch und langfristig senken kann. Ich denke da nur an kleine Brainstormings zur möglichen Fehler Ermittlung, in denen die Fehler dann vielleicht auch mit Risiko-Prioritätszahlen versehen werden und danach systematisch abgearbeitet werden können.
Fazit
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen beiden Beispielen verdeutlichen konnte, dass die neuen Forderungen in der ISO 9001:2015 nicht dafür gemacht wurden, um die Unternehmen zu gängeln, sondern diese auch wirklich das Unternehmen unterstützen konnten.
Wichtig dabei ist und bleibt aber, dass man nicht mit minimalem Aufwand versucht das Zertifikat für den Bilderrahmen bekommt, sondern dass man ein gelebtes Qualitätsmanagementsystem hat, in dem man smart und schlau die Vorteile dessen nutzt.
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