Keine unbeschränkte Haftung: Handwerker haftet wie Arbeitnehmer
Arbeitnehmer-Haftungsprivileg gilt auch für Handwerker
Ein Schlosser war seit vielen Jahren nahezu ausschließlich und regelmäßig weisungsunterworfen in einem Milchwerk tätig. Das Milchwerk produzierte u.a. Milch- und Kaffeepulver in mehreren Trocknungsanlagen. Bei laufendem Betrieb schnitt der Schlosser mit Schweißgerät und Trennschleifer Schlitze in die Außenwand des Trockenturms. Dabei entstanden Funken und glühende Metalltropfen, die in den Trockenturm tropften. 17 Tonnen Milchpulver entzündeten sich explosionsartig. Der Schaden belief sich auf rund 220.000 €. Die Versicherungen des Milchwerks beglichen den Schaden. Die federführende Versicherung forderte von dem Handwerker die Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 142.000 €.
Das Gericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 17.000 € und wies die Klage im Übrigen ab. Der Handwerker habe den Schaden grob fahrlässig verursacht. Es liege auf der Hand, dass bei Schweiß- und Flexarbeiten Funkenflug und heiße Metalltropfen entstehen, die erhitztes Milchpulver zur Entzündung bringen. Der Handwerker könne von Glück sagen, dass er zum Zeitpunkt der Explosion gerade selbst kurz abwesend war. Für den entstandenen Schaden hafte er grundsätzlich in vollem Umfang. Für Arbeitnehmer im Rechtssinne gelte diese Haftung nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts allerdings nur unter Berücksichtigung der persönlichen Situation und der Umständen des Einzelfalls. Dahinter stehe u. a. der Gedanke, dass die Haftung den Arbeitnehmer nicht in den Ruin treiben soll. Diese Grundsätze seien hier entsprechend anzuwenden. Der beklagte Schlosser sei wegen seiner wirtschaftlichen Unselbstständigkeit auf jeden Fall eine arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes. Denn er sei als Handwerker praktisch wie ein Arbeitnehmer in den Betrieb des Milchwerks eingegliedert. Nach diesen Grundsätzen sei die Haftungssumme auf 17.000 € zu beschränken, was ungefähr drei Monatsverdiensten des Schlossers entspreche (Hessisches LAG, Urteil vom 17.05.2013, Az.: 13 Sa 857/12).
Das Gericht ließ wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu.
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