Interessenausgleich bei Betriebsänderung – Leiharbeitnehmer zählen nach drei Monaten mit
Leiharbeitnehmer können bei Berechnung des Schwellenwerts entscheidend sein.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat jetzt über einen unterbliebenen Interessenausgleich entscheiden müssen. Arbeitgeber müssen in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern im Falle einer Betriebsänderung laut Gesetz mit dem Betriebsrat über einen solchen Ausgleich beraten. Bei der Ermittlung dieses Schwellenwerts sind Leiharbeitnehmer, die länger als drei Monate im Unternehmen eingesetzt sind, zu berücksichtigen, obwohl sie nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Entleiher stehen. Die Beklagte betrieb hier ein Unternehmen, das sich mit dem Verkauf und dem Verlegen von Bodenbelägen befasst. In der Vergangenheit beschäftigte sie regelmäßig 20 eigene Arbeitnehmer sowie seit Anfang November 2008 eine Leiharbeitnehmerin. Ende Mai 2009 kündigte sie die Arbeitsverhältnisse aller elf gewerblichen Arbeitnehmer. Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich lehnte sie ab. Der infolge dieser Betriebsänderung entlassene Kläger verlangte deswegen einen Nachteilsausgleich. Das Landesarbeitsgericht hat - anders als das Arbeitsgericht - die Klage abgewiesen.
Fehlende Beteiligung des Betriebsrats führt zu Anspruch auf Abfindung
Die Revision des Klägers war vor dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolgreich. Die Beklagte beschäftigte nachweislich zum Zeitpunkt der Betriebsänderung Ende Mai 2009 in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer. Die länger als ein halbes Jahr im Unternehmen eingesetzte Leiharbeitnehmerin war deshalb bei der Feststellung des Schwellenwerts zu berücksichtigen. Wegen der unterbliebenen Beteiligung des Betriebsrats steht dem Kläger eine Abfindung als Nachteilsausgleich zu (BAG, Urteil vom 18.10.2011; Az.: 1 AZR 335/10).
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