Arbeitnehmerüberlassung – Auch ehemalig öffentlich-rechtlich Beschäftigte dürfen Betriebsrat wählen
An eine privatwirtschaftlich organisierte Tochtergesellschaft langfristig überlassene Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes wählen und zählen bei der Betriebsratswahl im Beschäftigungsbetrieb mit und sind dort auch wählbar. Dies hat jetzt das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein in mehreren Wahlanfechtungsverfahren entschieden.
Zwei Gewerkschaften haben erfolgreich zwei im Mai 2010 durchgeführte Betriebsratswahlen angefochten, weil ihre Wahlvorschlagslisten vom jeweiligen Wahlvorstand zurückgewiesen worden waren. 2005 hatte das als öffentlich-rechtliche Körperschaft betriebene Klinikum den gesamten Servicebereich auf eine neu gegründete Tochtergesellschaft ausgegliedert, die an zwei Standorten in Schleswig-Holstein Betriebe unterhält. Ab 01.01.2010 ist an dieser ein privater Investor zu 49% beteiligt. Die Arbeitsverträge aller von dieser Ausgliederung schon im Jahre 2005 betroffenen Arbeitnehmer – mehrere Hundert an der Zahl - blieben stets unverändert und richten sich weiterhin nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes. Alle widersprachen einem Vertragswechsel zum privaten Arbeitgeber und werden seit 2005 unverändert an ihren alten Arbeitsplätzen im Betrieb des Tochterunternehmens weiter beschäftigt. Diese erstattet dem Klinikum für die gestellten Arbeitnehmer die Vergütung, erteilt die fachlichen Weisungen, darf aber z.B. keine Kündigungen aussprechen. Bei der in dem Tochterunternehmen an beiden Standorten im Mai 2010 durchgeführten Betriebsratswahl durften die 221 bzw. 284 überlassenen Arbeitnehmer zwar wählen, zwei Vorschlagslisten zweier Gewerkschaften waren vom Wahlvorstand aber nicht zugelassen worden, weil auf ihnen mehrere vom Klinikum gestellte Beschäftigte standen. Diese konnten daher nicht gewählt werden. An einem Standort wurde deshalb auch an Stelle eines 13-köpfigen Betriebsrats nur ein Gremium aus 11 Mitgliedern gewählt.
Die beiden Gewerkschaften waren mit ihren Wahlanfechtungsverfahren durch zwei Instanzen erfolgreich. Zur Begründung hat das LAG ausgeführt, dass einer privatrechtlich organisierten Tochtergesellschaft langfristig gestellte Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes in ihrem Einsatzbetrieb bei Betriebsratswahlen auch ohne arbeitsvertragliche Bindung zum Einsatzbetrieb nicht nur wahlberechtigt, sondern auch wählbar seien und bei der Betriebsratsgröße mitzählen. Die Entscheidung vom 27.04.2010 in dem dritten Wahlanfechtungsverfahren (3 TaBV 36/10) betraf einen ähnlich gelagerten Sachverhalt. Dort hatte der Wahlvorstand vier teilweise seit 1997 von einem Kreis nach Ausgliederung an eine privatisierte Tochtergesellschaft überlassene Arbeitnehmer mitgezählt und einen 5-köpfigen Betriebsrat wählen lassen. Die Arbeitgeberin meint, es habe nur ein dreiköpfiger Betriebsrat gewählt werden dürfen. In allen drei Verfahren wurde Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (LAG Schleswig-Holstein, Beschlüsse vom 23.03.2011; Az.: 3 TaBV 31/10, vom 05.04.2011; Az.: 2 TaBV 35/10 und vom 27.04.2011; Az.: 3 TaBV 36/10).
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