Kündigungsschutzgesetz und Kleinbetriebsklausel - Unterschiedliche Anwendung bei zwei Standorten ist zulässig
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich jetzt mit der Anwendbarkeit der sogenannten Kleinbetriebsklausel beim Kündigungsschutz beschäftigen müssen. Danach besitzen Beschäftigte in Betrieben, in denen in der Regel nur zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt sind, keinen Kündigungsschutz. Die darin liegende Ungleichbehandlung zwischen Arbeitnehmern größerer und kleinerer Betriebe verstößt laut BAG nicht gegen Art. 3 GG. Sie ist sachlich gerechtfertigt, weil Kleinbetriebe typischerweise durch enge persönliche Zusammenarbeit, geringere Finanzausstattung und einen Mangel an Verwaltungskapazität geprägt sind. Auch wenn ein Unternehmer mehrere Kleinbetriebe unterhält, werden die Zahlen der dort Beschäftigten nicht automatisch zusammengerechnet, wenn es sich tatsächlich um organisatorisch hinreichend verselbständigte Einheiten und deshalb um selbständige Betriebe handelt. Es ist aber sicherzustellen, dass damit aus dem Geltungsbereich des Gesetzes nicht auch Einheiten größerer Unternehmen herausfallen, auf die die typischen Merkmale des Kleinbetriebs (enge persönliche Zusammenarbeit etc.) nicht zutreffen. Das wiederum ist nicht stets schon dann der Fall, wenn dem Betrieb auch nur eines dieser typischen Merkmale fehlt. Maßgebend sind immer die Umstände des Einzelfalls.
Im Ausgangsfall beschäftigte ein Arbeitgeber in seinem Firmensitz in Leipzig mindestens acht und am Standort Hamburg sechs Arbeitnehmer. Im Januar 2006 setzte er in Hamburg einen vor Ort mitarbeitenden Betriebsleiter ein, der bevollmächtigt wurde, Einstellungen und Entlassungen vorzunehmen. Der Kläger war in Hamburg seit 1990 als Hausmeister und Haustechniker tätig. Ein vergleichbarer Arbeitnehmer wurde 2003 eingestellt, er ist deutlich jünger als der Kläger und - anders als dieser - keiner Person zum Unterhalt verpflichtet. Im März 2006 kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger unter Berufung auf betriebliche Gründe. Die Vorinstanzen haben der Klage wegen unzureichender Sozialauswahl stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das Kündigungsschutzgesetz (KschG) für anwendbar gehalten, weil die Kapitalausstattung der Beklagten nicht gering gewesen sei und ihr Geschäftsführer in Hamburg nicht mitgearbeitet habe. Die Revision der Beklagten war vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolgreich. Sie führte zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist es im Streitfall nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten, beide Betriebstätten auch dann als einheitlichen Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinne anzusehen, wenn sie organisatorisch selbständig sind (BAG, Urteil vom 28.10.2010; Az.: 2 AZR 392/08).
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