Ehebruch ist kein Kündigungsgrund
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) darf die katholische Kirche Arbeitnehmer nicht in jedem Fall entlassen, wenn diese Ehebruch begangen haben.
Der Organist einer Pfarrgemeinde hatte sich 1994 von seiner Ehefrau getrennt und lebte ab 1995 mit einer neuen Partnerin zusammen, die später von ihm ein Kind bekam. Die Gemeinde kündigte das Arbeitsverhältnis wegen Ehebruchs und Bigamie. Das zuständige Landesarbeitsgericht (LAG) erklärte die Kündigung für wirksam. Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde des Organisten nicht zur Entscheidung angenommen hatte, zog dieser vor den EGMR.
Mit Erfolg. Das Europäische Gericht für Menschenrechte urteilte, dass die Kündigung gegen Art. 8 EMRK verstößt. Gerichte müssten in einem solchen Fall zwischen dem Recht des Arbeitnehmers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens nach Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und den Konventionsrechten der Katholischen Kirche abwägen sowie einen ausreichenden Kündigungsschutz sicherstellen. Diesen Anforderungen werde das angefochtene Urteil des zuständigen Landesarbeitsgerichts nicht gerecht. Das LAG sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Tätigkeit des Klägers so eng mit der Mission der Katholischen Kirche verbunden war, dass sie ihn nicht weiter beschäftigen konnte, ohne jegliche Glaubwürdigkeit zu verlieren. Dies hätte das Gericht jedoch nicht näher begründet, sondern insoweit anscheinend nur die Meinung des kirchlichen Arbeitgebers wiedergegeben. Außerdem sei das Gericht mit keinem Wort auf den Schutz des Familienlebens des Klägers aus Art. 8 EMRK eingegangen, sodass die Abwägung insoweit unvollständig war (EGMR, Urteil vom 23.09.2010, Beschwerde-Nr. 1620/03).
Wenn Sie genaueres zu diesem Thema wissen möchten, lesen Sie auch unseren Artikel: Ehebruch ist kein Entlassungsgrund.
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