Kunden mehrfach als „Arschloch“ beleidigt – LKW-Fahrer darf trotzdem nicht gekündigt werden
Tituliert ein Arbeitnehmer einen Kunden seines Arbeitgebers als "Arschloch", kann er nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Schleswig-Holstein trotzdem nicht automatisch gekündigt werden. Im Ausgangsfall hatte ein Speditionsfahrer eine Einzelhandelsfiliale mit Waren beliefert. Die Einfahrt zum Parkdeck war ziemlich eng, auch die Durchfahrtshöhe war knapp bemessen. Ein Angestellter der Hausverwaltung forderte ihn deshalb auf, nicht weiterzufahren. Darauf kam es zum Streit, der genaue Wortwechsel ließ sich vor Gericht nicht aufklären Jedenfalls erhielt der Beschäftigte für das Grundstück sechs Monate lang Hausverbot. Nachweislich hatte der Fahrer zu dem Angestellten gesagt: "Ich liefere hier seit Jahren, und jetzt aus dem Weg, du Arsch.“ Danach wurde er mindestens fünfmal als "Arschloch" beleidigt. Das Unternehmen kündigte den Fahrer, da auch im Arbeitsvertrag festgehalten war, dass besonderer Wert auf eine freundliche Kundenbedienung gelegt werde. Der Betriebsrat sprach sich gegen die Kündigung aus, weil der Kollege auf dem Gelände bereits unfreundlich empfangen worden sei. Der Fahrer will den Mann zudem für einen Wichtigtuer gehalten haben, von dem nicht zu erkennen gewesen sei, dass er zu dem belieferten Einzelhändler in Beziehung stand.
Die Kündigung scheiterte sowohl vor dem Arbeits- wie auch vor dem Landesarbeitsgericht. Eine Entlassung sei hier weder fristlos noch fristgerecht zulässig. Angesichts der besonderen Umstände wäre zunächst eine Abmahnung erforderlich gewesen. Es müsse zusätzlich geprüft werden, ob der Beschäftigte überhaupt die Funktion und Stellung der Person erkannt gehabt hätte. Außerdem komme es darauf an, ob es sich um ein so genanntes erstmaliges Augenblicksversagen des Klägers gehandelt habe (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 08.04.2010; Az.: 4 Sa 474/09).
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