Werteorientiert führen: Die menschlichen Triebfedern
Dilemma Wertesystem
Warum scheitern manche Teamleiter, obwohl sie eigentlich alles richtig machen? Und warum passen manche Teamleiter einfach nicht in ihr Team?
Manche Führungskraft geht davon aus, dass wir mit unserem Verstand die Kultur, das Wertesystem eines Teams einfach so verändern können. Dabei übersehen wir, dass unser Verstand und unser Reflexionsvermögen nicht in die letzten Tiefen der Persönlichkeit vordringt. Wir können zwar über unsere Auffassungen und Werte reflektieren, wir können unsere Fertigkeiten trainieren und uns Wissen aneignen, aber unsere ureigensten Motive und Triebfedern sind auf diese Weise nur wenig beeinflussbar. Das ist der Grund, warum manche Teamleiter „eine andere Sprache sprechen“. Sie verstehen ihr Umfeld nicht und ihr Umfeld versteht sie nicht. Wir befinden uns in einem Dilemma. Bleibt es unbeachtet, so entstehen Konfliktherde und nachhaltige Dysfunktionen, für die man mitunter einen externen Mediator braucht.
Eine mögliche zeitnahe Lösung liegt darin, die Motive der Menschen zu verstehen, sich die Werte bewusst zu machen, die das Handeln und Denken der betreffenden Person bestimmen. So können wir nachvollziehen, wie sie ihr Umfeld erleben, verstehen und was sie für eine optimale Leistung benötigen. Vor allem versetzt es uns in die Lage, unser Gegenüber effizient abzuholen. Wir können in der Sprache sprechen, die die Mitarbeiter verstehen. Ein möglicher Weg dahin zeigt das Modell Profile Dynamics. Dieses Modell geht auf die Arbeit von Clare Graves und das Modell „Spiral Dynamics“ zurück. Graves teilte die Wertesysteme in verschiedene Level auf. Diese waren wie in einer Spirale aufgereiht. Die verschiedenen Wertesysteme sind dabei abwechselnd darauf ausgerichtet, das Umfeld zu beeinflussen oder sich ihm anzupassen. Spiral Dynamics befasst sich eher mit sozialen Systemen, wohingegen Profile Dynamics eher den Menschen im Unternehmen im Fokus hat. Mit validierten Fragen wird Gewichtung der unterschiedlichen Wertesysteme in einem Gesamt-Profil dargestellt. So lassen sich Motive und in der Folge auch Verhalten erkennen und verstehen. Erst jetzt sind Prozesse wieder gestaltbar.
Auch, wenn man gerade keine ausgearbeitete Profilanalyse hat, es ist hilfreich, die unterschiedlichen Führungsstile und Motivationen aufgrund der Werteausprägung zu kennen.
Die Ausrichtung der Wertesysteme
Die verschiedenen Wertesysteme sind mit fest zugeordnete Farben versehen. Dabei sollte immer beachtet werden, dass es sich nur um ein Modell handelt. Es stellt die Wirklichkeit immer in vereinfachter Form dar. Ein Modell dieser Art ist eine Art Navigationshilfe im zwischenmenschlichen Dschungel.
Das lila Wertesystem ist geprägt von Sicherheit und Tradition
Diese will er meistens erreichen, indem er auf Altbewährtes zurückgreift. In negativer Ausprägung kann der Leader auch in Dogmatismus verfallen. Er ist auf jeden Fall ein Mensch der Tradition. Und so wird die Unternehmensleitung in diesem Wertesystem auch häufig vererbt. In einem Team oder einem Unternehmen dieser Art hält man sich an die unausgesprochenen Regeln, benötigt Sicherheit und Geborgenheit für das Wohlgefühl und steht Veränderungen eher kritisch gegenüber. Auch fühlt man sich tief verbunden mit der Bezugsgruppe (Familie, Unternehmen, Stamm). Viele Familienunternehmen haben einen starken Anteil dieser Ebene.
Auf der roten Ebene geht es um das Machterleben des einzelnen
Er will sein Umfeld beeinflussen und hat keine Hemmungen, seinen Willen umzusetzen. Hier ist der Führungsstil eher undemokratisch und der Teamleiter der emotionale Alleinherrscher. Menschen mit einer hohen Ausprägung dieses Wertesystems legen Wert auf Respekt und Stärke und scheuen vor Konflikten nicht zurück.
Das blaue Wertesystem ist geprägt von klaren Regeln und Strukturen
Es herrscht das Gesetz, die Hierarchie. Es steigt nur auf, wer qualifiziert ist und sich an die Regeln hält. Und immer ordnet man sich einer höheren Kraft, Struktur oder Person unter, immer mit dem Ziel des inneren Friedens im Einklang mit dem System. Wer gegen Regeln verstößt, wird nach den Regeln bestraft. Es herrschen Disziplin, Ordnung und Gründlichkeit. Menschen dieser Ausprägung lernen eher durch Vermeidung von Strafe. Auf dieser Ebene funktioniert Führung nur durch Hierarchie und die Auswahl durch Qualifikation.
Das orangene Wertesystem ist ergebnisorientiert
Es geht um Erfolg, Status und Wettkampf – immer getrieben durch den Gedanken der eigenen Unabhängigkeit. Menschen dieser Ausprägung lieben Herausforderungen. Der Führungsstil ist dementsprechend fordernd und ein orangener Leader verlangt seinen Mitarbeitern viel ab. Auf diesem Level geht es um Effizienz und Zweckmäßigkeit. In diesem Wertesystem ist der Leader ein starker Performer.
Das grüne Wertesystem ist konsens-orientiert und harmoniesuchend
Geld und Status spielen keine Rolle. Auch Arroganz sucht man hier eher vergeblich. Der Führungsstil entspricht eher einem People-Manager, der auf Konsens achtet. Es wird viel diskutiert bis Einigkeit herrscht. Menschen dieser Ausprägung sind häufig konfliktvermeidend. Ein Teamleiter dieses Systems wird großen Wert auf Commitment legen.
Das gelbe Wertesystem ist von Individualismus geprägt
Menschen dieser Ausprägung lieben die intellektuelle Herausforderung und sind analytische, kreative Freidenker. Gedacht wird außerhalb gewöhnlicher Denkmuster. Gelernt wird mit allem, das zur Verfügung steht. Die gelbe Ausprägung ist angetrieben von Selbstrespekt. Der Führungsstil ist inspirierend. Es wird die Freiheit geboten seine Talente zu entfalten. Dabei ist die jeweilige Führungsrolle eher aufgabenorientiert und kann daher je nach Aufgabenstellung wechseln – quasi eine durch das Umfeld bedingte Rolle.
Das türkise Wertesystem ist ganzheitlich geprägt
Man ist mit allem Lebenden verbunden. Materielles ist nicht von Bedeutung. Das Lernen funktioniert eher intuitiv. Einfachheit steht im Mittelpunkt. Menschen dieser Ausprägung fordern keine Führerschaft. Daher gibt es bislang nur sehr wenige Führungspersonen mit diesem Ausprägungsschwerpunkt. Führung geschieht durch ganzheitliche Sinngebung.
Lesen Sie in Teil 2, wie Sie die Kenntnisse aus den hier vorgestellten Wertesystemen im Umgang mit Ihren Mitarbeitern einsetzen.
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