Konstruktive Kritikgespräche führen: Mit Wertschätzung und Respekt
Beurteilungsgespräche oder im allgemeinen Kritik zu äußern ist oft mit Hemmungen und Ängsten verbunden. Sowohl der Kritisierende als auch der Kritisierte fühlen sich in ihrer Rolle nicht wohl. Der eine befürchtet den Widerstand, dass die Worte falsch verstanden werden oder die gute Beziehung zum anderen gestört werden könnte – der andere fühlt sich gemaßregelt, bloßgestellt, als könnte er dem Kritisierenden nichts recht machen.
Kritik zu äußern ist eine schwierige Aufgabe, doch mit einer wertschätzenden Kommunikation und Fingerspitzengefühl sehr wertvoll, da es das gegenseitige Vertrauen verstärkt. Generell gilt: Ob im Privat- oder im Berufsleben: Kritische Situationen, Diskussionen, Konflikte bauen Verbundenheit auf. Wenn diese Gespräche gut verlaufen, vertraut man mehr auf die Beziehung, da man nicht nur in „Sonnenzeiten“, wenn alles bestens läuft, gut miteinander auskommt, sondern mit dem anderen sozusagen durch dick und dünn gehen kann.
Kritikgespräche nicht aufschieben
Führen Sie Kritikgespräche zeitnah. Auf die lange Bank schieben ist kontraproduktiv, da aus kleinen Schwierigkeiten sehr schnell ernsthafte Probleme werden können, die dann vielleicht nur noch mit großem Aufwand zu beheben sind. Die Vogel-Strauß-Methode kann also keine Lösung sein. Andererseits muss nicht jeder Fehler an die große Glocke gehängt werden.
Geht es lediglich um einen einmaligen Fehler oder um einen kleinen Regelverstoß, stellt sich die Frage, ob Sie dieses sofort äußern wollen. Kein Mensch ist fehlerfrei, manches muss
nicht unbedingt unter die Nase gerieben werden nach dem Motto: „Sie haben das Dokument in den falschen Ordner abgelegt – ich habe es berichtigt.“
Auch ist ein direktes Feedback oft ausreichend und angemessener als ein offizielles Kritikgespräch. Mit einem zeitnahen, kurzen Feedback zeigen Sie, dass Sie das Fehlverhalten registriert haben und eine Verhaltensänderung wünschen. Ein Kritikgespräch ist unausweichlich, wenn Regelverstöße und Fehler größere Dimensionen annehmen, sich häufen oder Vereinbarungen nicht eingehalten werden.
Es geht um die Sache – bleiben Sie auch dabei
Im Mittelpunkt eines Kritikgesprächs steht der konkrete Sachverhalt, ein bestimmtes Fehlverhalten oder ein definierbarer Fehler. Niemals wird die Kritik als persönlicher Angriff gegen die andere Person formuliert. Damit würden wir ein abwehrendes Verhalten provozieren, der andere würde zum Gegenangriff übergehen.
Konstruktive Kritik ist nicht überzogen
Unsachliche und übertriebene Kritik verfehlt ihr Ziel und wirkt stark demotivierend. Eine nicht verhältnismäßige Kritik demoralisiert so stark, dass ein Mitarbeiter sich ungerecht behandelt fühlt, die Arbeit nur noch als Pflichtprogramm ansieht und sogar vielleicht innerlich kündigt. Zu berücksichtigen ist daher, unter welchen Umständen Fehler passiert sind: Ein Fehler, der sich in hektischen Phasen der Überlastung einschleicht, ist – selbst wenn er schwerwiegend ist – sicher nachsichtiger zu bewerten als häufig wiederkehrende Fehler, die auf mangelnde Sorgfalt und echte Schlamperei zurückzuführen sind.
Reden Sie Klartext
Um den heißen Brei herumzureden, wirkt wenig souverän und selbstbewusst. Sprechen Sie den Sachverhalt eindeutig und unmissverständlich an. Nur zu sagen, dass „etwas“ falsch gemacht wurde, ohne dabei spezifische Einzelheiten zu nennen, verunsichert den Mitarbeiter und lässt Sie sogar inkompetent wirken. Vielmehr ist es sehr hilfreich, wenn es um wiederkehrende Arbeitsprozesse geht, die Sache deutlich auf den Punkt zu bringen, damit eine echte Chance für eine Fehlerkorrektur und für eine langfristige positive Veränderung gegeben wird.
Erarbeiten Sie gemeinsam eine Lösung
Kritik soll eine Veränderung zum Positiven erwirken. Sie ist ein Mittel zur Problemlösung, und sie öffnet die Tür zu neuen Möglichkeiten und Alternativen. Im Kritikgespräch wird gemeinsam nach Lösungen gesucht, wobei hierbei der Kritisierende ebenso gefragt ist wie der Kritisierte. Ideen zur Optimierung, zur Fehlervermeidung und zu notwendigen Veränderungen werden dann besonders engagiert umgesetzt, wenn der Kritisierte an der Lösungsfindung stark mitgewirkt hat. Er sieht es dann eher als „sein Baby“ an.
Wie ist die Sichtweise des Kritisierten?
Ganz wichtig ist, dass die kritisierte Person auch die Chance hat, den Vorfall aus seiner Perspektive zu erläutern. Erst wenn wir den gesamten Kontext kennen, verstehen wir, wie es
zu den Fehlverhalten, Fehlern etc. kommen konnte – manche Dinge stellen sich anders dar, als wir ursprünglich vermutet haben. In Firmen mit einem offenen, fairen Kommunikationsstil sind in der Regel die Mitarbeiter eher dazu bereit, Fehler einzugestehen.
Kritik unter vier Augen
Vermeiden Sie es, den Mitarbeiter in Anwesenheit von Kollegen oder Kunden zu kritisieren. Das Vier-Augen-Gespräch erhöht die Wichtigkeit und auch die Wertschätzung gegenüber
dem Kritisierten entscheidend und ist weitaus effektiver als Kritik, die vor versammelter Mannschaft geübt wird.
Der Ton macht die Musik
Gerade im Kritikgespräch ist Einfühlungsvermögen und Empathie gefragt. Jeder Mensch ist verschieden und reagiert auf andere Signale. Übrigens ist ein Kritikgespräch grundsätzlich
so lang wie nötig, keinesfalls aber länger! Wenn der Kritisierte Ihre kritischen Worte verstanden hat und Bereitschaft zur Änderung signalisiert, reiten Sie nicht länger auf diesem
Thema herum. Dadurch ebnen Sie den Weg für eine weiterhin vertrauensvolle, stabile Zusammenarbeit.
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