Bußgeld: Zahlung durch Arbeitgeber ist kein beitragspflichtiger Arbeitslohn
Im Speditionsgewerbe haben die Lenkzeitverstöße massiv zugenommen. Deshalb ist kaum verwunderlich, dass Arbeitgeber ihren Fahrern bei solchen Verstößen die Bußgelder ersetzen. Jetzt hatte das Bundessozialgericht (BSG) zu entscheiden, ob ein solcher Ersatz als sozialversicherungspflichtiger Arbeitslohn zu bewerten ist.
Der Fall aus der Praxis
Die Beklagte, die Deutsche Rentenversicherung (DRV) forderte nach einer Betriebsprüfung von der Klägerin, einem Speditionsunternehmen, Beiträge u. a. für Buß- und Verwarngelder, die im Prüfzeitraum wegen Lenkzeit- und Ruhensverstößen ihrer Fahrer in Belgien und Frankreich angefallen und von der Klägerin übernommen worden waren. Nach der Ansicht der Beklagten handele es sich um beitragspflichtigen Arbeitslohn. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat das Sozialgericht Aachen die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen haben die Beteiligten den Rechtsstreit auf die Beitragspflicht für ein Bußgeld, das wegen einer Lenkzeitüberschreitung in Frankreich gegen einen beigeladenen Arbeitnehmer verhängt worden war, beschränkt. Das LSG hat auf die Berufung der DRV das Urteil des SG aufgehoben. Soweit der Arbeitgeber das Bußgeld übernommen habe, sei diese Zahlung Arbeitsentgelt. Eine Zahlung allein im Interesse des Arbeitgebers liege nicht vor. Das Speditionsunternehmen ging in Revision.
Das sagt der Richter
Die Richter gaben dem Spediteur Recht. Die Zahlung sei eine einmalige Zuwendung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses gewesen, die nach § 1 der hier noch anzuwendenden Arbeitsentgeltverordnung jedenfalls dann beitragsfrei sei, wenn es sich nicht um steuerpflichtigen Arbeitslohn i. S. d. Einkommensteuerrechtes handele. Unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zum Begriff des Arbeitslohns sei diese Zahlung kein Arbeitslohn. Der BFH grenze Zahlungen des Arbeitgebers zugunsten seines Arbeitnehmers, die nicht unmittelbar auf der Arbeitsleistung beruhen, danach ab, ob sie überwiegend im Interesse des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers erbracht werden. Wenn ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an diesen Zahlungen vorliegt, handele es sich bei diesen nicht um Arbeitslohn. Der Arbeitgeber habe hier unstreitig das Bußgeld gezahlt, um den bis zur Zahlung des Bußgelds von den französischen Behörden festgehaltenen LKW freizubekommen. Die Zahlung beruhte damit ganz überwiegend auf dem Interesse des Arbeitgebers, der seinen LKW erst wieder nutzen konnte, nachdem das Bußgeld gezahlt worden sei. (BSG, Urteil vom 01.12.2009, Az.: B 12 R 8/08 R).
Das bedeutet die Entscheidung
In Fällen, in denen für die von einem Arbeitgeber übernommenen Buß- und Verwarngelder ein überwiegend eigenwirtschaftliches Interesse besteht, stellt eine Zahlung grundsätzlich keinen sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn dar.
Heißer Tipp
Wird eine Zahlung von Verwarn- und Bußgelderstattung an Ihre Arbeitnehmer von einem Sozialversicherungsträger in Frage gestellt, sollten Sie grundsätzlich Widerspruch einlegen. Dies kann relativ formlos geschehen. Teilen Sie dem Widerspruchsempfänger einfach mit, dass die Begründung nachgereicht wird. So gewinnen Sie Zeit und können in Ruhe – gegebenenfalls mit Hilfe eines Anwalts – die Rechtmäßigkeit des Bescheids prüfen. Gerade im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit empfiehlt sich die Hinzuziehung eines Spezialisten, die Rechtsprechung ist hier kaum noch zu überblicken.
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