Tabledance: Trinkgeld als steuerpflichtiger Arbeitslohn
Trinkgeld ist grundsätzlich steuer- und beitragsfrei. Das gilt allerdings nur dann, wenn ein Kunde, Gast oder Mandant sie freiwillig und direkt an Mitarbeiter zahlt. Das hat das Finanzgericht (FG) Hamburg entschieden.
Der Fall aus der Praxis
In einer Tabledance-Bar war es gängige Praxis, dass die Tänzerinnen mittels Spielgeld zu Höchstleistungen animiert wurden. Dieses konnte bei Betreten des Etablissements gegen Bargeld erworben werden und je nach Kundenwunsch den einzelnen Mitarbeiterinnen zugesteckt werden. Ein Rückumtausch in Bargeld war ausgeschlossen. Auch war es nicht möglich, mit dem Spielgeld Getränke zu erwerben. Nach Dienstschluss wurden die eingesammelten Spielgelder von den Tänzerinnen an den Arbeitgeber ausgehändigt, der einen Teil davon als Trinkgeld wieder an die Mitarbeiterinnen ausbezahlte. Den Rest behielt er für sich und war der Meinung, dass sowohl das ausbezahlte Trinkgeld als auch der einbehaltene Teil steuerfrei seien. Dieser Argumentation vermochte das Finanzamt nicht folgen und setzte die Steuerbescheide gegenüber einer Mitarbeiterin inklusive Lohnsteuer entsprechend fest. Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos.
Das sagt der Richter
Die Einnahmen der Klägerin sind auch insoweit, als sie den auf den Spielgeldscheinen angegebenen Wert und den angesetzten steuerfreien Anteil von 10% übersteigen, keine steuerfreien Trinkgelder. Dies würde voraussetzten, dass diese den Tänzerinnen von Dritten freiwillig und ohne Rechtsanspruch zusätzlich zu dem Betrag geleistet wurden, der für die eigentliche Arbeitsleistung zu zahlen war. Damit stelle Trinkgeld eine vom Kunden oder Gast gewährte zusätzlich gewährte Vergütung dar, die eine gewisse persönliche Beziehung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Dritten voraussetze. An einer solchen fehle es jedoch, wenn der Arbeitgeber einen direkten Austausch von Bargeld zwischen Arbeitnehmer und Gästen verhindert. Die Entscheidung, was der Mitarbeiterin letztendlich an Geld zufließen sollte, lag damit nicht beim Gast, sondern beim Arbeitgeber (Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 30.03.2010, Az.: 6 K 87/09).
Das bedeutet die Entscheidung
Es ist Vorsicht in der Lohnbuchhaltung geboten. Arbeitgeber dürfen nicht in jedem Fall davon ausgehen, dass Trinkgelder an die Mitarbeiter sozialversicherungs- und steuerfrei sind. Insbesondere gilt dies dann, wenn der tatsächliche Verdienst der Mitarbeiter Chefsache bleiben soll.
Wichtiger Hinweis
Ein Mitarbeiter, der Trinkgelder empfängt, steht faktisch in einer doppelten Leistungsbeziehung. Zum einen erhält er Arbeitsentgelt vom Arbeitgeber, zum anderen Trinkgeld von den Kunden.
Eine Zahlung gilt nur dann als Trinkgeld, wenn
- sie von einem Dritten geleistet wird (Kunden, Mandanten oder Gästen des Unternehmens)
und
- der Dritte die Trinkgelder freiwillig leistet.
Der Trinkgeld-Charakter geht verloren, wenn die Zahlungen des Gastes wie im Eingangsfall an den Betreiber der Clubs erfolgen und nicht an die Angestellten.
Expertenrat
Besteht eine Verpflichtung des Kunden (z. B. Trinkgeld ist im Preis inbegriffen) müssen Sie die Trinkgelder in Ihrer Lohnbuchhaltung grundsätzlich als steuerpflichtiges Arbeitsentgelt behandeln.
Vorsicht
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) können diese Grundsätze nicht ohne Weiteres auf das Friseur- oder Gaststättengewerbe angewendet werden.
In diesen Branchen ist es üblich, dass Trinkgelder in eine gemeinsame Kasse eingezahlt werden. Üblicherweise steht den Kunden ein im Betrieb aufgestelltes Trinkgeldbehältnis zur Verfügung. Diese sogenannte „Poolung“ von Einnahmen führt durch den Einwurf der Trinkgelder durch die Kunden zu einem Miteigentum der Mitarbeiter am Inhalt der Trinkgeldkasse. Die Trinkgelder sind in diesem Fall auch ohne persönliche Übergabe durch den Kunden steuerfrei.
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