Arbeitgeber muss Betriebsrätin Kinderbetreuungskosten erstatten
Den Wunsch, Familie und Beruf besser unter einen Hut zu bringen, hegen viele Arbeitnehmer. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) scheint ein offenes Ohr für die Nöte der Beschäftigten zu haben. Es hat aktuell einen Arbeitgeber verurteilt, einer alleinerziehenden Betriebsrätin die Betreuungskosten zu erstatten, die aufgrund einer mehrtägigen auswärtigen Betriebsratstätigkeit entstanden sind.
Eine alleinerziehende Betriebsrätin musste an betrieblich bedingten Sitzungen teilnehmen, die sich über mehrere Tage zogen und in einer 500 km von ihrem Wohnort entfernten Stadt stattfanden. Zur Betreuung ihrer zwei minderjährigen Kinder engagierte sie eine Betreuerin, die ihr 600 € in Rechnung stellte. Diesen Betrag verlangte die Betriebsrätin von ihrem Arbeitgeber. Als dieser sich weigerte, die Kosten zu erstatten, zog sie vor Gericht. Die Klage war erfolgreich. Nach Auffassung des Gerichts hat die Betriebsrätin einen Anspruch auf Erstattung der Kinderbetreuungskosten. Nach § 40 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) muss der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten tragen. Dazu zählten jedoch nur Aufwendungen, die Betriebsratsmitglieder zur Erfüllung ihrer Betriebsratsaufgaben für erforderlich halten dürfen. Danach seien Kosten, die der persönlichen Lebensführung dienen, grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Etwas anderes gelte allerdings für Aufwendungen, die einem Betriebsratsmitglied dadurch entstehen, dass es die Betreuung minderjähriger Kinder für Zeiten sicherstellen müsse, in denen es außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit Betriebsratstätigkeiten auszuüben habe. Dies ergebe sich aus einer verfassungskonformen Auslegung des § 40 BetrVG, weil das Betriebsratsmitglied sich in einem solchen Fall in einer Pflichtenkollision zwischen seinen betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben und der Pflicht zur elterlichen Personensorge aus Art. 6 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) befinde. Dem Betriebsratsmitglied dürfe durch die gleichzeitige Erfüllung beider Pflichten kein Vermögensopfer entstehen (BAG, Beschluss vom 23.06.2010, Az.: 7 ABR 103/08). Arbeitgeber sind verpflichtet, Betriebsratsmitgliedern diejenigen Aufwendungen zu erstatten, die ihnen im Zusammenhang mit der Bewältigung ihrer Betriebsratsaufgaben entstehen, z. B. 1. Kosten eines Rechtsstreits in einer das BetrVG betreffenden Sache 2. Reisekosten 3. anfallende Reparaturkosten (bei Benutzung des eigenen Pkw auf Wunsch des Arbeitgebers) 4. Telefon- und Portokosten 5. Kinderbetreuungskosten Dieser Fall hat uns schon in der vorangegangenen Instanz beschäftigt im Beitrag Kinderbetreuungskosten für Ihren Betriebsrat müssen Sie nicht übernehmen (Az.: 5 TaBV 79/07). Die Bundesrichter haben sich im Gegensatz zur Vorinstanz flexibel gezeigt und sind zu einer anderen Rechtsauffassung als ihre Kollegen vom LAG gelangt. Aufwendungen von Betriebsratsmitgliedern werden stets einer Einzelfallprüfung unterzogen Welche Kosten gute Chancen auf Berücksichtigung i. S. d. § 40 BetrVG habe, erfahren Sie in unserer Checkliste Erforderlichkeit von Betriebsratskosten.
Der Fall aus der Praxis
Das sagt der Richter
Das bedeutet die Entscheidung
Wichtiger Hinweis
Praxis-Tipp
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