Nur ordnungsgemäße Unterrichtung über Betriebsübergang setzt Widerspruchsfrist in Lauf
Widerspruchsfrist beginnt mit ordnungsgemäßer Unterrichtung über Betriebsübergang
Die gesetzlich verankerte einmonatige Widerspruchsfrist gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber bei einem Betriebsübergang beginnt nur zu laufen, wenn die Unterrichtung der Beschäftigten durch den Arbeitgeber den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Das hat das BAG bestätigt (Az.: 8 AZR 277/10).
Der Fall aus der Praxis
Ein Unternehmen unterrichtete im Oktober 2008 seine Mitarbeiter über einen für Anfang Dezember geplanten Betriebsübergang auf die X-GmbH. Eine Arbeitnehmerin war als Callcenter-Agentin im Unternehmen beschäftigt und arbeitete zunächst ohne Widerspruch für die GmbH. Im Mai 2009 schloss sie einen Auflösungsvertrag. Das Arbeitsverhältnis sollte zum Juni 2009 enden. Die Arbeitnehmerin sollte eine einmalige Sonderzahlung und eine Abfindung für den Verlust ihres Arbeitsplatzes erhalten. Mit Anwaltsschreiben vom 18.05.2009 widersprach die Mitarbeiterin gegenüber dem Unternehmen dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die X-GmbH. Diesen Widerspruch wies das Unternehmen als verspätet zurück. Die Mitarbeiterin hielt ihren Widerspruch für rechtzeitig erfolgt. Sie sei über den Betriebsübergang durch das Unternehmen nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden. Ihr Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen bestehe deshalb fort.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat ihre diesbezügliche Feststellungsklage abgewiesen, weil die Arbeitnehmerin ihr Widerspruchsrecht wegen des Abschlusses des Auflösungsvertrages mit der X-GmbH verwirkt habe. Ob die Unterrichtung der Mitarbeiterin über den Betriebsübergang den Anforderungen des § 613 a Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) genügt und die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB in Gang gesetzt habe, könne daher dahinstehen. Die Arbeitnehmerin ging in Revision zum Bundesarbeitsgericht.
Das sagt das Gericht
Ohne Erfolg. Die Bundesrichter haben die Revision zurückgewiesen. Der Widerspruch der Arbeitnehmerin gegen den Betriebsübergang sei verspätet erfolgt. Das Unterrichtungsschreiben des Unternehmens habe den gesetzlichen Erfordernissen genügt, weshalb die Widerspruchsfrist mit Zugang des Unterrichtungsschreibens an die Mitarbeiterin zu laufen begonnen habe. Darauf, ob das Widerspruchsrecht auch verwirkt gewesen wäre, sei es deshalb nicht angekommen (BAG, Urteil vom 10.11.2011, Az.: 8 AZR 277/10).
Vor dem Betriebsübergang muss nach § 613a BGB entweder der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber die vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer in Textform unterrichten über: Sinn und Zweck dieser Unterrichtung besteht darin, den vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmern eine entsprechende Wissensgrundlage für die Ausübung ihres Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB an die Hand zu geben. Der gesetzlich geforderten Textform ist nicht genügt, wenn die Unterrichtung über den bevorstehenden Betriebsübergang durch Aushang am Schwarzen Brett oder bei einer Betriebsversammlung erfolgt. Voraussetzung ist vielmehr, dass jeder einzelne Mitarbeiter ein persönliches, an ihn adressiertes Schreiben erhält. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Zugang der Unterrichtung an jeden einzelnen Arbeitnehmer nachzuweisen. Er sollte sich deshalb zwingend den Empfang des Schreibens schriftlich bestätigen lassen. Der Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses nach § 613a Abs. 6 BGB muss innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung über den Betriebsübergang schriftlich erfolgen. Der Widerspruch kann dabei sowohl gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber als auch gegenüber dem neuen Inhaber erklärt werden. Die einmonatige Widerspruchsfrist beginnt zu laufen, wenn die Unterrichtung der vom Betriebsübergang betroffenen Mitarbeiter ordnungsgemäß erfolgt ist (siehe Eingangsfall). Eine unterbliebene oder fehlerhafte Unterrichtung führt nicht zum Fristbeginn. Der Widerspruch gegen den Betriebsübergang verhindert den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber, sodass das Arbeitsverhältnis wird mit dem bisherigen Arbeitgeber fortgesetzt wird. Der Widerspruch ist für den Mitarbeiter nicht ohne Risiko, denn er muss mit einer Kündigung seines bisherigen Arbeitgebers wegen fehlender Beschäftigungsmöglichkeit rechnen. Unterhält dieser nach dem Betriebsübergang keinen Betrieb mehr, so ist eine betriebsbedingte Kündigung des widersprechenden Arbeitnehmers mangels Beschäftigungsmöglichkeit in der Regel sozial gerechtfertigt. So muss die Unterrichtung über den Betriebsübergang erfolgen
Praxis-Tipp
Widerspruch gegen Betriebsübergang muss innerhalb der Widerspruchsfrist erfolgen
Wichtiger Hinweis
Rechtsfolge bei Widerspruch gegen Betriebsübergang
- Kommentieren
- 7562 Aufrufe