Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit: Verspätete Krankmeldung beim Arbeitgeber kostet Job
Verspätete Krankmeldung kann ordentliche Kündigung rechtfertigen
Bei einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ist es die gesetzliche Pflicht des Arbeitnehmers, zeitnah eine Krankmeldung beim Arbeitgeber abzugeben. Die wiederholte Verletzung dieser Meldepflicht rechtfertigt nach erfolgloser Abmahnung die ordentliche Kündigung. Die Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtlicher Dauer ergibt sich aus den Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG). Sie besteht unabhängig von der Pflicht zur Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.
Der Fall aus der Praxis
Der Kläger arbeitete seit Mai 1993 als Vorarbeiter in der Flugzeuginnenreinigung bei einem Dienstleistungsunternehmen auf dem Frankfurter Flughafen. In der Vergangenheit war er wiederholt arbeitsunfähig erkrankt, zumeist aufgrund von Beschwerden an der Lendenwirbelsäule. 2003 erinnerte der Arbeitgeber den Kläger schriftlich daran, eine Erkrankung unverzüglich, d. h. möglichst noch vor Dienstbeginn, der Personalabteilung anzuzeigen, damit das Personal anderweitig disponiert werden könne. Der Kläger zeigte in der Folgezeit zwischen 2003 und 2009 seine Arbeitsunfähigkeit dennoch sechsmal verspätet an und wurde dafür viermal abgemahnt. Am 01.09.2009 meldete der Kläger wiederum nicht unverzüglich seiner Arbeitsunfähigkeit und wurde deshalb vom Arbeitgeber fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt. Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers stattgegeben. Der Arbeitgeber ging in Berufung.
Das sagt das Gericht
Mit Erfolg. Nach Auffassung des Gerichts sei die Kündigung zwar nicht als fristlose, aber als ordentliche Kündigung wirksam. Die wiederholte Verletzung der Meldepflicht bei Erkrankung rechtfertige nach erfolgloser Abmahnung die ordentliche Kündigung. Die Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtlicher Dauer ergebe sich aus dem Gesetz. Sie bestehe unabhängig von der Pflicht zur Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Nach der Anzahl der Pflichtverstöße des Klägers trotz erhaltener Abmahnungen überwiege das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Eigenart der vom Arbeitgeber erbrachten Dienstleistung der Flugzeuginnenreinigung bringe es mit sich, dass sie jeweils nur in einem engen zeitlichen Fenster erledigt werden könne. Dafür sei es zwingend erforderlich, dass das eingeteilte Personal zu den vorgegebenen Zeiten erscheine bzw. im Verhinderungsfall unverzüglich das Nichterscheinen mitteile, damit der Arbeitgeber den Personaleinsatz kurzfristig anderweitig disponieren könne. Dem Kläger sei als Vorarbeiter zudem noch eine herausgehobene Rolle zugefallen. Der Arbeitgeber sei bei seinem Geschäft in besonderer Weise auf verlässliche Mitarbeiter angewiesen (Hessisches LAG, Urteil vom 18.01.2011, Az.:12 Sa 522/10)
Kündigung droht auch bei verspäteter Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat bereits 1991 zu dieser Thematik Stellung bezogen und entschieden, dass die wiederholte Verletzung der Anzeigepflicht aus § 5 Abs. 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) nach vergeblicher Abmahnung die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen (BAG, Urteil vom 16.08.1991, Az.: 2 AZR 604/09).
Der Verlust des Arbeitsplatzes droht im Übrigen auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer seiner Nachweispflicht aus § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG – rechtzeitige Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt (BAG, Urteil vom 15.01.1986, Az.: 5 AZR 404/83).
Das sagt das Gesetz zur Nachweispflicht bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit
§ 5 Anzeige- und Nachweispflichten
(1) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauffolgenden Arbeitstag vorzulegen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung angegeben, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine neue ärztliche Bescheinigung vorzulegen. Ist der Arbeitnehmer Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse, muß die ärztliche Bescheinigung einen Vermerk des behandelnden Arztes darüber enthalten, daß der Krankenkasse unverzüglich eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit mit Angaben über den Befund und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit übersandt wird.
(2) Hält sich der Arbeitnehmer bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit im Ausland auf, so ist er verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, deren voraussichtliche Dauer und die Adresse am Aufenthaltsort in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung mitzuteilen. Die durch die Mitteilung entstehenden Kosten hat der Arbeitgeber zu tragen. Darüber hinaus ist der Arbeitnehmer, wenn er Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, verpflichtet, auch dieser die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als angezeigt, so ist der Arbeitnehmer verpflichtet, der gesetzlichen Krankenkasse die voraussichtliche Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen. Die gesetzlichen Krankenkassen können festlegen, daß der Arbeitnehmer Anzeige- und Mitteilungspflichten nach den Sätzen 3 und 4 auch gegenüber einem ausländischen Sozialversicherungsträger erfüllen kann. Absatz 1 Satz 5 gilt nicht. Kehrt ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer in das Inland zurück, so ist er verpflichtet, dem Arbeitgeber und der Krankenkasse seine Rückkehr unverzüglich anzuzeigen.
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