Unbefugtes Schnüffeln in fremden E-Mails kostet den Arbeitsplatz
Vertrauen ist die Grundlage jedes Arbeitsverhältnisses. Deshalb erlaubt es die Rechtsprechung, einen Mitarbeiter ohne vorherige Abmahnung zu entlassen, wenn er das Vertrauensverhältnis zu seinem Arbeitgeber unwiederbringlich zerstört hat.
Der Fall aus der Praxis
Ein Systemadministrator verschaffte sich während seiner Arbeitszeit Zugriff auf die E-Mails eines Geschäftsführers seines Unternehmens. Anschließend legte er die Mail einem anderen Geschäftsführer vor, um damit den Nachweis zu erbringen, dass der Ausspionierte vertragswidrig gegen seine Dienstpflichten verstoßen hat. Zudem nahm er unerlaubt Einsicht in Daten aus dem Personalbereich. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos, ohne zuvor eine Abmahnung ausgesprochen zu haben. Der Mitarbeiter erhob Kündigungsschutzklage.
Das sagt der Richter
Das Gericht entschied den Rechtsstreit gegen den Systemadministrator. Das Verhalten des Arbeitnehmers stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen seine vertraglichen Pflichten dar, weil er unter Missbrauch der ihm übertragenen Befugnisse auf interne Korrespondenz zugegriffen habe. Insbesondere habe der Mitarbeiter gezielt den Ordner "gesendete Objekte" des Geschäftsführers geöffnet, um zumindest eine E-Mail auszudrucken. Ein Unternehmen müsse sich darauf verlassen können, dass Systemadministratoren die ihnen eingeräumten Zugriffsrechte nicht dazu missbrauchen, um nach Material zu suchen, das andere Arbeitnehmer oder gar Vorgesetzte belastet (LAG München, Urteil vom 08.07.2009, Az.: 11 Sa 54/09).
Das bedeutet die Entscheidung
Beabsichtigen Sie, einem Ihrer Mitarbeiter aus verhaltensbedingten Gründen fristlos zu kündigen, so sind Sie grundsätzlich dazu verpflichtet, zuvor eine Abmahnung zu erteilen. Entbehrlich ist die Abmahnung nur bei Pflichtverletzungen im Vertrauensbereich, wenn sie nämlich weder geeignet noch in der Lage ist, die Störung des Vertrauensverhältnisses zu beseitigen. Das ist z. B. der Fall bei Straftaten wie Diebstahl, Unterschlagung oder Betrug, Tätlichkeiten gegenüber dem Arbeitgeber, groben Beleidigungen gegenüber Vorgesetzten, unsittlichem Verhalten gegenüber Kolleginnen, Verrat von Betriebsgeheimnissen oder schweren Verstößen gegen das Wettbewerbsverbot.
Vorsicht
Ob auch eine Anhörung des betroffenen Arbeitnehmers erforderlich ist, ist eine Frage des Einzelfalles. Liegt der Verdacht einer Straftat vor, muss dem Beschäftigten nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG)vor der Kündigung Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden.
Checkliste zum Download
Ob Ihre fristlose Kündigung rechtmäßig ist, können Sie mithilfe unserer Checkliste: Fristlose Kündigung überprüfen.
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