Keine Entgeltfortzahlung bei Krankheit während Streik
Ein erkrankter Mitarbeiter hat keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für einen Streiktag, wenn er an diesem Tag auch gesund nicht hätte arbeiten können. Dies geht aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Nürnberg hervor.
Der Fall aus der Praxis
Ein Arbeitnehmer war als Omnibusfahrer in einem Unternehmen beschäftigt. Im Februar 2009 fand in dem Betrieb ein eintägiger Warnstreik statt. Der Mitarbeiter wäre für diesen Tag zwar für den Fahrdienst eingeteilt gewesen, fehlte jedoch krankheitsbedingt. Daraufhin kürzte der Arbeitgeber seine Vergütung für den Monat Februar. Damit war der Arbeitnehmer nicht einverstanden. Er verklagte den Arbeitgeber auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, weil er sich am Arbeitskampf nicht beteiligt habe. Der Betrieb sei nicht komplett stillgelegt worden. Der Arbeitgeber entgegnete, dass aus seiner Sicht ein Entgeltfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall nicht gegeben sei. Der Betrieb sei am betreffenden Tag teilweise stillgelegt worden. Die Fahrer seien in Kenntnis gesetzt worden, dass am Streiktag keine Beschäftigung möglich sein werde. Aufgrund dieser Betriebsstilllegung entfalle der Entgeltfortzahlungsanspruch. Die Beschäftigtengruppe, welcher der Kläger angehöre, habe nicht vertragsgemäß im Betrieb der Beklagten eingesetzt werden können.
Das sagt der Richter
Die Klage des Busfahrers auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hatte keinen Erfolg. Zwar bestehe grundsätzlich ein solcher Leistungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber, wenn ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer sich nicht an einem Streik beteilige. Allerdings gelte dies nur, wenn eine Beschäftigung trotz des Streikes überhaupt möglich sei. Da der Arbeitgeber die Aufrechterhaltung des Fahrbetriebes durch den Einsatz eines anderen, privaten Busunternehmens sicherstellte und keine eigenen Mitarbeiter eingesetzt wurden, sei eine Beschäftigung für die Dauer des Streits nicht möglich gewesen (LAG Nürnberg, Urteil vom 20.07.2010, Az.: 5 Sa 666/09).
Das bedeutet die Entscheidung
Grundsätzlich gilt, dass Mitarbeiter bei einem Streik für den Zeitraum ihrer Beteiligung keinen Vergütungsanspruch haben. Gewerkschaftsmitglieder erhalten in dieser Zeit Streikgeld. Ist ein Arbeitnehmer während eines Streiks arbeitsunfähig erkrankt, so hat er einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn die Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache des Arbeitsausfalls ist. Das ist nur dann der Fall, wenn der Mitarbeiter im gesunden Zustand gearbeitet hätte, also trotz des Streiks hätte beschäftigt werden können.
Wichtiger Hinweis
Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung besteht nach § 3 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) längstens für sechs Wochen. Die Höhe der Entgeltfortzahlung richtet sich nach dem Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer erzielt hätte, wenn er tatsächlich gearbeitet hätte. Davon ausgenommen sind Überstunden und Aufwandsentschädigungen.
Wichtiger Hinweis
Beteiligt sich ein Arbeitnehmer an einem Streik und wird dann krank, ist das Kriterium der alleinigen Ursache der Erkrankung für den Arbeitsausfall nicht erfüllt, da er auch in gesundem Zustand nicht gearbeitet hätte. Umgekehrt führt die Nichtbeteiligung eines erkrankten Mitarbeiters an einem Streik dazu, dass zwar die Ursächlichkeit der Krankheit gegeben ist, jedoch eine weitere Ursache hinzukommt, wenn durch den Streik keine Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb mehr besteht. Der Anspruch scheitert daran, dass die Arbeitsunfähigkeit letztendlich auf zwei verschiedenen Ursachen beruht.
Checkliste zum Download
Die Voraussetzungen, unter denen ein Arbeitgeber bei Krankheit eines Mitarbeiters mit Kosten konfrontiert werden kann, haben wir in unserer Checkliste Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zusammengefasst.
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