Keine Elternzeit-Verlängerung ohne Zustimmung des Arbeitgebers nach billigem Ermessen
Zustimmung zur Elternzeit-Verlängerung erfolgt nach billigem Ermessen
Die Entscheidung des Arbeitgebers über die Frage, ob er seine Zustimmung zur beantragten Elternzeit-Verlängerung erteilt, hat nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nach billigem Ermessen im Rahmen einer Interessenabwägung zu erfolgen.
Der Fall aus der Praxis
Die Klägerin ist seit 2005 beim beklagten Arbeitgeber in Vollzeit beschäftigt. Am 03.01.2008 gebar sie ihr fünftes Kind und nahm deshalb bis 02.01.2009 Elternzeit in Anspruch. Mit Schreiben vom 08.12.2008 bat sie den Arbeitgeber erfolglos, der Verlängerung ihrer Elternzeit um ein weiteres Jahr zuzustimmen. Sie berief sich auf ihren Gesundheitszustand. Nachdem die Klägerin ab dem 05.01.2009 ihre Arbeit nicht wieder aufnahm, erteilte ihr der Arbeitgeber eine Abmahnung wegen unentschuldigten Fehlens. Damit war die Klägerin nicht einverstanden und klagte auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.
Das Arbeitsgericht hat den Arbeitgeber verurteilt, der Verlängerung der Elternzeit zuzustimmen und die Abmahnung aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg hat die Klage hingegen insgesamt abgewiesen. Es war der Meinung, dass der Arbeitgeber die Zustimmung zur Verlängerung der Elternzeit bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs frei verweigern könne. Der Arbeitgeber habe im Streitfall nicht rechtsmissbräuchlich gehandelt. Die Abmahnung sei berechtigt gewesen, weil die Klägerin unentschuldigt der Arbeit fern geblieben sei. Die Klägerin ging in Revision zum Bundesarbeitsgericht.
Das sagt das Gericht
Die Revision hatte Erfolg und führte zur Zurückverweisung an das LAG Baden-Württemberg. Nach Ansicht der Bundesrichter müsse der Arbeitgeber nach billigem Ermessen entsprechend § 315 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darüber entscheiden, ob er der Verlängerung der Elternzeit zustimme. Hierzu müsse das LAG noch tatsächliche Feststellungen treffen. Es werde dann erneut darüber zu entscheiden haben, ob die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen sei (BAG, Urteil vom 18.10.2011, Az.: 9 AZR 315/10).
Gesetz enthält explizites Zustimmungserfordernis bei der Verlängerung der Elternzeit
Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) müssen Beschäftigte, die Elternzeit in Anspruch nehmen wollen, die Elternzeit spätestens sieben Wochen vor Beginn schriftlich beim Arbeitgeber beantragen und erklären, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll. Eine damit festgelegte Elternzeit können die Mitarbeiter gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG nur verlängern, wenn der Arbeitgeber zustimmt.
Nur betreuende Eltern haben Anspruch auf Elternzeit
Anspruch auf Elternzeit haben nach § 15 BEEG Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wenn sie
1.a) mit ihrem Kind,
b) mit einem Kind, für das sie die Anspruchsvoraussetzungen nach § 1 Abs. 3 oder 4 BEEG erfüllen oder
c) mit einem Kind, das sie in Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII aufgenommen haben,
in einem Haushalt leben und
2. dieses Kind selbst betreuen und erziehen.
Wichtiger Hinweis
Der Anspruch auf Elternzeit existiert nach § 15 Abs. 2 Satz 1 BEEG bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes. Beachten Sie dabei, dass die Zeit der Mutterschutzfrist nach § 6 Abs. 1 MuSchG auf die Elternzeit angerechnet wird. Bei mehreren Kindern besteht Anspruch auf Elternzeit für jedes Kind, auch wenn sich die jeweiligen Elternzeit-Zeiträume überschneiden.
Arbeitnehmer in Elternzeit können einer Teilzeittätigkeit nachgehen
Beschäftigte in Elternzeit können nach § 15 Abs. 4 BEEG eine Erwerbstätigkeit bis zu 30 Stunden pro Woche ausüben. Sie haben die Möglichkeit, bei ihrem Arbeitgeber oder in einem anderen Betrieb zu arbeiten. Eine Tätigkeit in einem anderen Unternehmen erfordert jedoch die Zustimmung des Arbeitgebers, ebenso die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit.
Gesetz erlaubt Reduzierung der Teilzeit-Arbeitszeit auf 15 Stunden
Mitarbeiter, die während ihrer Elternzeit teilzeitbeschäftigt sind, können nach § 15 Abs. 5 bis 7 BEEG die Verringerung ihrer Arbeitszeit beantragen, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
- Im Betrieb des Arbeitgebers sind, unabhängig von der Anzahl der Personen in Berufsbildung, in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt.
- Das Arbeitsverhältnis des Beschäftigten besteht in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechungen länger als sechs Monate.
- Die vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit soll für mindestens zwei Monate auf einen Umfang zwischen 15 und 30 Stunden pro Woche reduziert werden.
- Dem Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit stehen keine betrieblichen Gründe entgegen.
- Dem Arbeitgeber wurde der Anspruch sieben Wochen vor Beginn der Tätigkeit schriftlich mitgeteilt.
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