Fortführung eines Hotels durch Zwangsverwalter gilt als Betriebsübergang
Hotel geht durch Betriebsübergang vom Pächter auf Zwangsverwalter über
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Fortführung eines Hotelbetriebes durch einen Zwangsverwalter einen Betriebsübergang darstellt und er mit dem Übergang auch alle ungekündigten Arbeitnehmer übernimmt. Das gilt auch für einen Zwangsverwalter.
Der Fall aus der Praxis
Die Klägerin war in dem von der H-GmbH betriebenen Hotel als Hausdame beschäftigt. Die H-GmbH hatte das Hotel von der Grundstückseigentümerin, der I-GmbH, gepachtet. Aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen die I-GmbH wurde der Beklagte zum Zwangsverwalter des Grundstücks bestellt. Nachdem er wegen Pachtzinsrückständen den Pachtvertrag mit der H-GmbH gekündigt und die Zwangsräumung gegen diese durchgeführt hatte, führte er den Hotelbetrieb eigenständig weiter. Zu diesem Zwecke schloss er mit allen Arbeitnehmern, außer der Klägerin, neue Arbeitsverträge. Die Klägerin beantragte deshalb die Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis mit der H-GmbH auf den Beklagten übergegangen ist. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.
Das sagt das Gericht
Das Bundesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Ein Betriebsübergang von dem früheren Pächter des Hotels auf den Zwangsverwalter, der den Hotelbetrieb fortführe, scheitere nicht daran, dass die Zwangsverwaltung und die Bestellung des Zwangsverwalters durch einen Beschluss des Amtsgerichts angeordnet und das Betreiben des Hotels durch den Zwangsverwalter vom Vollstreckungsgericht genehmigt worden war. Die Kündigung des Pachtvertrags mit dem früheren Pächter und die sich daran anschließende Fortführung des Hotelbetriebs durch den Zwangsverwalter sei ein Übergang des Hotelbetriebs durch Rechtsgeschäft i. S. d. § 613a Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) (BAG, Urteil vom 18.08.2011, Az.: 8 AZR 230/10).
Wichtiger Hinweis
Wenn ein Betrieb oder ein Betriebsteil durch ein Rechtsgeschäft (z. B. Pachtvertrag, Kaufvertrag, Schenkung) von dem bisherigen Betriebsinhaber auf einen neuen Inhaber übertragen wird, so handelt es sich um einen Betriebsübergang i. S. d. § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Arbeitsverhältnisse gehen beim Betriebsübergang automatisch über
Der Betriebserwerber bzw. der neue Inhaber des Betriebs tritt in die Rechte und Pflichten aus den zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein, d. h. die betroffenen Beschäftigungsverhältnisse gehen automatisch vom bisherigen Inhaber auf den Betriebserwerber über, es sei denn, die Arbeitnehmer widersprechen dem Betriebsübergang nach § 613a Abs. 6 BGB.
Arbeitnehmer müssen über Betriebsübergang informiert werden
Das Gesetz verpflichtet den bisherigen Arbeitgeber oder den neuen Betriebsinhaber in § 613a Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), die von einem Übergang betroffenen Mitarbeiter vor dem Übergang in Textform über die nachstehenden Gesichtspunkte des Betriebsübergangs zu informieren:
- Zeitpunkt bzw. geplanter Zeitpunkt des Übergangs
- Grund des Übergangs
- Rechtliche, wirtschaftliche und soziale Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer
- hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommene Maßnahmen.
Nur ordnungsgemäße Unterrichtung lässt Frist laufen
Durch die Unterrichtung sollen die vom Betriebsübergang betroffenen Mitarbeiter so weit über die Umstände des Betriebsübergangs in Kenntnis gesetzt werden, dass sie über eine ausreichende Wissensgrundlage verfügen, um ihr Widerspruchsrecht aus § 613a Abs. 5 BGB ausüben zu können. Danach kann der Mitarbeiter dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung schriftlich widersprechen. Er kann dabei wählen, ob er den Widerspruch dem bisherigen Arbeitgeber oder aber dem neuen Betriebsinhaber gegenüber erklärt.
Wichtiger Hinweis
Beachten Sie, dass die gesetzliche Einmonatsfrist nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung in Gang gesetzt wird. Bei einer fehlerhaften oder gar unterbliebenen Unterrichtung beginnt die Frist nicht zu laufen.
Bei erfolgreichem Widerspruch gegen Betriebsübergang bleibt alles beim Alten
Widerspricht ein Arbeitnehmer fristgerecht dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber, so findet ein Übergang nicht statt. Das Arbeitsverhältnis wird mit dem alten Arbeitgeber fortgesetzt.
Widerspruch gegen Betriebsübergang ist für Arbeitnehmer nicht ohne Risiko
Für einen Arbeitnehmer, der dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widerspricht, kann der Schuss auch nach hinten losgehen. Ein Widerspruch kann sich schnell zum Bumerang entwickeln, denn der Widersprechende muss einer Kündigung seines bisherigen Arbeitgebers wegen fehlender Beschäftigungsmöglichkeit rechnen. Eine betriebsbedingte Kündigung des widersprechenden Mitarbeiters ist in der Regel wegen fehlender Beschäftigungsmöglichkeit sozial gerechtfertigt i. S. d. § 1 Abs. 3 Kündigungsschutzgesetz (KSchG), soweit der Betriebsveräußerer nach dem Betriebsübergang keinen Betrieb oder Betriebsteil mehr unterhält.
Kündigung infolge Widerspruchs führt zu Sperrzeit beim Arbeitslosengeld
Doppelt bitter kann es für einen Arbeitnehmer werden, wenn er zunächst seinen Arbeitsplatz aufgrund einer Kündigung nach erfolgtem Widerspruch gegen den Betriebsübergang verliert und die Bundesagentur für Arbeit eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld verhängt, weil er keinen wichtigen Grund i. S. d. § 144 Abs. 1 Drittes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB III) hatte.
Mehr Informationen zum Thema Sperrzeit beim Arbeitslosengeld finden Sie in unseren Beiträgen Kündigung wegen Führerscheinentzug: Keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld für entlassene Berufskraftfahrer und Sperrzeit beim Arbeitslosengeld: Gericht stärkt Rechte Homosexueller.
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