Keine Sperrzeit – Auch umziehende Homosexuelle erhalten Arbeitslosengeld
Arbeitsplatzaufgabe wegen Umzugs: Homosexuelle haben Anspruch auf Arbeitslosengeld
Das Sozialgericht München hat die Gleichstellung homosexueller Lebenspartner gestärkt: Kündigt ein homosexueller Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz, um dem Lebenspartner in eine andere Stadt zu folgen, so führt dieser Jobverlust durch Umzug nicht zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Er hat vielmehr Anspruch auf die sofortige Zahlung von Arbeitslosengeld. Damit werden Homosexuelle auch ohne eingetragene Lebenspartnerschaft behandelt wie etwa heterosexuelle Paare oder Verheiratete.
Keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld wegen Umzugs zum Lebenspartner
Ein in Berlin als Hotel-Rezeptionist tätiger Arbeitnehmer war aus Berlin zu seinem Lebensgefährten nach München gezogen und hatte deshalb sein Arbeitsverhältnis gekündigt. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) sprach deshalb eine zwölfwöchige Sperrzeit beim Arbeitslosengeld aus. Der Umzug zum langjährigen Lebensgefährten könne nicht als wichtiger Grund für die eigenständige Auflösung des Arbeitsverhältnisses anerkannt werden. Der ehemalige Hotel-Rezeptionist klagte gegen die Entscheidung der BA. Der Umzug zu seinem Lebenspartner sei ein wichtiger Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 144 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).
Das Gericht teilte diese Auffassung. Die Sperrung des Arbeitslosengeldes sei zu Unrecht erfolgt. Die Klage des ehemaligen Hotel-Rezeptionisten sei dennoch abzuweisen, weil dieser es unterlassen habe, sich rechtzeitig um einen Anschlussarbeitsplatz zu bemühen. Er hätte die Arbeitsagentur rechtzeitig einschalten und seine Bemühungen nachweisen müssen (SG München, Urteil vom 22.07.2011, Az.: AL 816/08).
Das bedeutet die Entscheidung
Die Erteilung einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld darf nicht wegen der Kündigung und des Nachzugs zum gleichgeschlechtlichen Partner erfolgen. Ein Abstellen allein auf die sexuelle Orientierung einer Beziehung im Zusammenhang mit der Frage des Vorliegens eines wichtigen Grundes bei Kündigung zwecks Nachzugs zum Partner sei willkürlich und rechtfertige keine diesbezügliche Ungleichbehandlung, so das Gericht. Mit dieser Entscheidung werden Homosexuelle auch ohne eingetragene Lebenspartnerschaft behandelt wie heterosexuelle Paare oder Verheiratete. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Die Bundesagentur für Arbeit kann innerhalb eines Monats Rechtsmittel einlegen.
Während der Sperrzeit ruht das Arbeitslosengeld
§ 144 Abs. 1 ordnet das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld während einer Sperrzeit an. Eine Sperrzeit tritt ein, wenn sich ein Arbeitsloser versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben:
- Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe; § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III Der Arbeitslose löst das Beschäftigungsverhältnis oder gibt durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses und führt dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbei
- Sperrzeit bei Arbeitsablehnung; § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III Der bei der Agentur für Arbeit als arbeitssuchend gemeldete Arbeitnehmer (§ 38 Abs. 1 SGB III) nimmt trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht an, tritt sie nicht an oder verhindert die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch sein Verhalten.
- Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen; § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III
Der Arbeitslose weist trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nach. - Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme; § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III
Der Arbeitslose weigert sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen, an einer Maßnahme nach § 46 SGB III oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen. - Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme; § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB III
Der Arbeitslose bricht die Teilnahme an einer in § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III genannten Maßnahme ab oder er gibt durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen. - Sperrzeit bei Meldeversäumnis; § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB III
Der Arbeitslose ist trotz Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309 SGB III) nicht nachgekommen. - Sperrzeit bei verspäteter Arbeitssuchendmeldung; § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB III
Der Arbeitslose ist seiner Meldepflicht nach § 38 Abs. 1 SGB III nicht nachgekommen.
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