Streitfall Parkplatz: Soweit die Füße tragen
Ein Arbeitgeber kann verpflichtet sein, einem Mitarbeiter kostenfrei einen Parkplatz zu überlassen. Das geht aus einer Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgerichts (LAG) hervor.
Der Fall aus der Praxis
Ein Flugkapitän, der regelmäßig mit dem Pkw zum Einsatzort fuhr, durfte seinen üblichen Parkplatz auf dem Flughafengelände nicht mehr benutzen. Dieser war ihm von seiner Arbeitgeberin ursprünglich unentgeltlich überlassen worden, mittlerweile aber zu einem Kostenfaktor geworden, den sie nicht mehr tragen wollte. Ein anschließender Rechtsstreit endete damit, dass dem Mitarbeiter grundsätzlich ein Anspruch auf Bereitstellung eines Parkplatzes zugestanden wurde. Die Arbeitgeberin stellte dem Kapitän in der Folge eine weit vom Terminal entfernte und zu Fuß kaum erreichbare (unentgeltliche) Parkmöglichkeit zur Verfügung. Alternativ eröffnete sie dem Kapitän die Möglichkeit, wieder den alten Parkplatz zu nutzen, allerdings gegen Bezahlung einer Gebühr. Dieser entschied sich für die zweite Variante. Da sich innerhalb von 18 Monaten eine nicht unerhebliche Summe gebildet hatte, verlangte er das Geld von seiner Arbeitgeberin zurück.
Das sagt der Richter
Mit Erfolg. Das Gericht hielt der Arbeitgeberin zwar zu Gute, dass es grundsätzlich ihre Sache sei, in welcher Weise sie einem Mitarbeiter einen Parkplatz zugestehe, auf den dieser einen Anspruch hat. Allerdings dürfe die Entscheidung, wie und wo, nicht willkürlich und ohne jegliche Berücksichtigung des Arbeitnehmerinteresses gefällt werden. Die Zuweisung des weit entfernten und zeitnah nur mit dem Pendlerbus erreichbaren Parkplatzes stelle sich mangels eingehender Begründung dieser Maßnahme als ermessensfehlerhaft dar. Ein solches Ermessen habe ein Arbeitgeber aber nach der Regelung des § 315 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) pflichtgemäß auszuüben, wenn insoweit eine Leistungsbestimmung in Frage stehe. Damit habe die Arbeitgeberin ihre Bereitstellungspflicht nicht erfüllt. Dem Piloten stehe deshalb ein Anspruch auf Kostenerstattung und darüber hinaus die Nutzungsmöglichkeit eines näher gelegenen Parkplatzes zu (Hessisches LAG, Urteil vom 16.11.2009, Az.:17 Sa 900/09).
Das bedeutet die Entscheidung
Es muss nicht immer ein Streit um einen Parkplatz sein. Auch der vom Arbeitgeber veranlasste Entzug von sonstigen Begünstigungen erfordert ein gewisses Maß an Argumentation. Dem Arbeitnehmer eine Retourkutsche zu verpassen, weil dieser das Parkplatzproblem von höchster Stelle entscheiden ließ, bringt nur dann etwas, wenn es dem Arbeitgeber gelingt, neben seinen Befindlichkeiten auch gute, notfalls gerichtlich nachvollziehbare Gründe für eine solche Änderung der Gepflogenheiten vorzubringen.
So üben Sie Ihr Ermessen rechtssicher aus
Jegliche Entscheidung, die ein Arbeitgeber einseitig trifft, wird an der Regelung des § 315 Abs. 1 BGB gemessen. Billiges Ermessen bedeutet in diesem Sinne zwar Entscheidungsfreiheit, aber auch, dass alle Umstände und die beiderseitigen Interessen sorgfältig abgewogen werden müssen. Erfolgt eine solche Abwägung nicht, wurde kein Ermessen ausgeübt. Das hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer nicht an ihre Entscheidung gebunden ist.
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