Verheiratete und Lebenspartner sind gleichberechtigt
Der grundrechtlich verankerte Schutz der Ehe rechtfertigt keine versicherungsrechtliche Differenzierung zwischen Verheirateten und eingetragenen Lebenspartnern im Bereich der betrieblichen Hinterbliebenenversorgung.
Der Fall aus der Praxis
Ein im öffentlichen Dienst tätiger Beschäftigter war bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) zusatzversichert. Er lebt seit 2001 in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft. Im Zuge einer Umstrukturierung des Versorgungssystems teilte ihm die VBL die Höhe der bis Dezember 2001 bereits erworbenen Rentenanwartschaften mit. Als Berechnungsgrundlage diente die für Nichtverheiratete geltende Steuerklasse. Gleichzeitig wurde dem Versicherten mitgeteilt, dass es die Satzung im Falle seines Todes nicht vorsehe, eine Hinterbliebenenrente an den Lebenspartner auszuzahlen. Der Versicherte rügte diese Ungleichbehandlung und zog bis vor das Bundesverfassungsgericht (BVerfG).
Das sagt der Richter
Mit Erfolg. Nach Meinung der Verfassungsrichter verletzt die Satzungsbestimmung zur Hinterbliebenenrente den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Eine Differenzierung zwischen Verheirateten und Partnern, die in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft leben, dürfe nur aus verfassungsrechtlich unbedenklichen Motiven heraus vorgenommen werden. Zwar sehe das Grundgesetz einen expliziten Schutz der Ehe vor (Art. 6 Abs. 1 GG), eine Berufung auf dessen Zweckrichtung dürfe aber nicht missbraucht werden, Privilegierungen einerseits und Benachteiligungen andererseits vorzunehmen, wenn der Lebenssachverhalt und die Zielvorgabe eine Zurückdrängung anderer Lebensformen nicht durch einen hinreichend sachlichen Grund rechtfertigen. Die Hinterbliebenenversorgung der VBL sei eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung. Sie gehöre als solche zum Arbeitsentgelt. Nicht erkennbar sei deshalb eine Differenzierung zwischen verheirateten Arbeitnehmern und solchen, die in einer Lebenspartnerschaft leben, wenn es um das Ziel gehe, ein solches zu gewähren (BVerfG, Beschluss vom 07.07.2009, Az.: 1 BvR 1164/07).
Das bedeutet die Entscheidung
Die „Versorgerehe“ hat in der Gesellschaft weitgehend ausgedient. Sie kann nicht mehr als Grundlage für differenzierende Regelungen hinsichtlich des Versorgungsbedarfs von Versicherten herhalten. Vorgemacht hat es die gesetzliche Rentenversicherung, die eine Hinterbliebenenrente für eingetragene Lebenspartner nicht ausschließt. Da die Regelungen der Unterhaltspflichten bei Ehen und eingetragenen Lebenspartnerschaften im Großen und Ganzen identisch sind, sind der Unterhaltsbedarf und die bei Versterben eines Unterhaltspflichtigen entstehende Unterhaltslücke nach gleichen Maßstäben zu bemessen.
Veraltete Versicherungsbedingungen sind anzupassen
Sollten sie Klauseln verwenden, die, wie hier die Satzung der VBL, gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen könnten, laufen Sie Gefahr, dass diese unwirksam sind. Soweit mit der betreffenden Versicherungsbestimmung noch andere Sachverhalte geregelt werden sollen, ergibt sich in Folge der Unwirksamkeit eine Regelungslücke, die erhöhten Verwaltungsaufwand und damit einen unkalkulierbaren Kostenaufwand bedeuten. Deshalb ist es sinnvoll und angeraten, Ihre Kundenadministration eingehend zu überprüfen und die Anwendung der Klauseln entsprechend zu vervollständigen oder in Formulierungen zu kleiden, die keine Angriffsfläche für etwaige Ungleichbehandlungen bietet.
Checkliste zum Download
Nutzen Sie unsere Checkliste: Eingetragene Lebenspartnerschaftund verschaffen Sie sich einen Überblick.
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