Ungerechter Tarifvertrag? Sonderzahlungen für Gewerkschaftler sind zulässig
Ein Tarifvertrag darf vorsehen, dass ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern, die Mitglied in der Gewerkschaft sind, Sonderzahlungen gewährt und Nicht-Mitglieder leerausgehen. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz entschieden.
Der Fall aus der Praxis
Eine nicht gewerkschaftlich organisierte Pflegehilfe fühlte sich von ihrem Arbeitgeber benachteiligt. Dieser gewährte allen Gewerkschaftsmitgliedern im Unternehmen eine monatliche Sonderzuwendung in Höhe von 125 € auf Grundlage eines entsprechenden Tarifvertrages aus dem Jahre 2008. Die Zahlung war in dem einschlägigen Tarifvertrag ausdrücklich an die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft gebunden. Die Mitarbeiterin klagte auf Zahlung der Sonderzuwendung.
Das sagt der Richter
Ohne Erfolg. Das Gericht hatte an der unterschiedlichen Behandlung von Gewerkschaftsmitgliedern und nicht organisierten Arbeitnehmern nichts auszusetzen. Eine Differenzierung unter Bezugnahme auf die Vereinbarungen im Tarifvertrag sei rechtens, wenn den organisierten Mitarbeitern nicht übermäßig Vorteile verschafft würden und nicht die Absicht zu Tage trete, mittels Geldzuwendungen Druck auf nichtorganisierte Mitarbeiter auszuüben, um diese zum Beitritt zu bewegen. Im Streitfall sei die Sonderzuwendung aufgrund ihrer Höhe als geringe Besserstellung von Gewerkschaftsmitgliedern zu werten, die diese nicht übermäßig begünstigten. Sie betrage insgesamt weniger als sieben Prozent des Bruttojahreseinkommens und bedeute deshalb keine deutliche Lohnsteigerung (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.03.2010, Az.: 10 Sa 695/09).
Das bedeutet die Entscheidung
Nicht wenige Tarifverträge sehen Bevorzugungen von Gewerkschaftsmitgliedern vor. Zur Bewertung stand vorliegend eine Bestimmung im Tarifvertrag, die eine monatliche Sonderzuwendung vorsah, geregelt durch eine sogenannte einfache Differenzierungsklausel. Charakteristisch für eine solche Klausel ist, dass sie anspruchsbegründend die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft voraussetzt.
Wichtiger Hinweis
Nach neuer Rechtsprechung des Bundesarbeitgerichts (BAG) bestehen gegen eine solche Klausel weder verfassungsrechtliche, noch tarifvertragliche Bedenken.
Praxis-Tipp
Einfache Differenzierungsklauseln machen die Gewerkschaftszugehörigkeit des Arbeitnehmers zwar zur Voraussetzung für einen bestimmten materiellen Anspruch, hindern den Arbeitgeber jedoch nicht, auf individualvertraglicher Ebene die tariflich vorgesehene Ungleichbehandlung zu beseitigen.
Möchten Sie Mitarbeitern, die nicht Mitglied in einer Gewerkschaft sind, ebenfalls eine Sonderzuwendung zukommen lassen, für die Zukunft aber nicht gebunden sein, so empfehlen wir, die Leistung unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt zu stellen.
Musterformulierung zum Download
Nutzen Sie unsere Musterformulierung Freiwilligkeitsvorbehalt bei Sonderzahlungen.
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