Abgestimmtes Verhalten unter Konkurrenten ist wettbewerbswidrig
Einigkeit macht stark, doch viele Köche verderben den Brei. So oder so ähnlich könnte man metaphorisch den folgenden Fall beschreiben, der sich in den Niederlanden zugetragen hat.
Der Fall aus der Praxis
In den Niederlanden betrieben fünf Unternehmen ein eigenes Mobilfunknetz. Bei einem gemeinsamen Treffen verhandelten die Vertreter der Unternehmen über eine Kürzung der Vergütung an Standardvertragshändler für so genannte Postpaid-Verträge. Als die zuständige Wettbewerbsbehörde ein Jahr später feststellte, dass die fünf Betreiber eine derartige Vereinbarung geschlossen hatten, indem sie ihre Verhaltensweisen aufeinander abgestimmt hatten, belegten die Wettbewerbshüter die betroffenen Unternehmen mit Geldbußen.
Die Begründung lautete, das Vorgehen der Unternehmen würde den Wettbewerb erheblich beeinträchtigten und daher gegen nationales Recht verstoßen. Die Unternehmen klagten sich durch die Instanzen, bis sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) der Sache annahm.
Das sagt der Richter
Die Richter des EuGH waren der Meinung, dass ein einmaliges Treffen zwischen konkurrierenden Unternehmen eine abgestimmte Verhaltensweise begründen könne, die gegen das Wettbewerbsrecht der Europäischen Gemeinschaft verstößt. Infolgedessen könne eine abgestimmte Verhaltensweise auch einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgen, obwohl sie nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Verbraucherpreisen stehe, sondern sich wie im Streitfall nur auf die Vergütungen der Vertragshändler beziehe.
Außerdem stellte das höchste europäische Gericht fest, dass die nationalen Gerichte die in der Rechtsprechung des EuGH aufgestellte Vermutung des Kausalzusammenhangs zwischen der Abstimmung und dem Marktverhalten der betreffenden Unternehmen anwenden müsse. Deshalb sei der Fall an das zuständige Verwaltungsgericht für Handel und Gewerbe zurückzuverwiesen (EuGH, Urteil vom 04.06.2009, Az.: C-8/08).
Das bedeutet die Entscheidung
Von großer praktischer Bedeutung ist für Sie die Kenntnis, welches konkrete Handeln zu einer solchen abgestimmten Verhaltensweise führen kann.
Die Antwort lautet: Wenn es zwischen Unternehmen zu einer bewussten Koordinierung von Entscheidungen kommt.
Gemeint ist damit aber noch nicht der Abschluss eines rechtsverbindlichen Vertrags. Vielmehr liegt eine abgestimmte Verhaltensweise bereits dann vor, wenn angenommen werden kann, dass Unternehmen bewusst eine praktische Zusammenarbeit an Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs ansteuern.
Für einen wettbewerbswidrigen Zweck reicht es bereits aus, wenn eine Abstimmung das Potenzial hat, negative Auswirkungen auf den Wettbewerb zu entfalten.
Expertenrat
Vermeiden Sie deshalb Verhaltensweisen, die in rechtlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang geeignet sind, zu einer Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes zu führen.
Behalten Sie auch im Hinterkopf, dass jeder Informationsaustausch mit Wettbewerbern einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgen kann, sofern er geeignet ist, Unsicherheiten hinsichtlich des von Ihrem und anderen Unternehmen ins Auge gefassten Verhaltens auszuräumen.
Vorsicht
Bereits eine einmalige Kontaktaufnahme kann ausreichen, wenn die Struktur des Marktes eine Abstimmung des Marktverhaltens ermöglicht. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn Sie nur eine punktuelle Abstimmung im Hinblick auf einen einzigen Wettbewerbsparameter bezwecken.
Checkliste zum Download
Prüfen Sie hier, ob Sie sich mit Ihrem Unternehmen sicher durch den Wettbewerb bewegen.
- Kommentieren
- 7975 Aufrufe