Aufschieberitis: Mit der Kosten-Nutzen-Analyse aufschieben beenden
Aufschieberitis: Ein Buch mit zwei Seiten
Etwas aufschieben verschafft erst einmal Freiraum. Sie haben eine Aufgabe vertagt. Vielleicht haben Sie gerade nicht den Nerv dazu, mit einem unzufriedenen Kunden zu telefonieren. Vielleicht wissen Sie einfach nicht, wie Sie die Aufgabe anfangen sollen. Vielleicht empfinden Sie die Aufgabe auch als langweilig. Was auch immer der Grund für Ihr Prokrastinieren ist - es ist ein so guter Grund, dass Sie die Nachteile des Aufschiebens „gerne“ erst einmal in Kauf nehmen.
Denn aufschieben ist ja keine akzeptierte Angelegenheit. All die Zeitmanagement-Gurus verdammen es. Mit der Folge: Ihr schlechtes Gewissen schlägt zu. Oft meldet sich auch der innere Kritiker: „Jetzt vertagst du schon wieder eine Aufgabe. Deine Selbstorganisation und dein Zeitmanagement sind ein Witz. Wofür nutzt du überhaupt einen Zeitplaner, wenn du dich dann nicht daran hältst?“
Prokrastination ist eine Strategie
Doch gerade diese beiden Pole des Aufschiebens gilt es zu ergründen. Fokussieren Sie gezielt die Vorteile und Nachteile Ihres Aufschiebens, indem Sie für Ihr Aufschieben eine Kosten-Nutzen-Analyse erstellen. Liegen erst einmal all Ihre Vorteile – also Ihr Nutzen – und auch Ihre Nachteile – also Ihre Kosten – auf dem Tisch, können Sie für sich eine kluge Entscheidung treffen. Und dann wird die Prokrastination zu einer Strategie, die Ihnen nicht allein Freiraum verschafft, sondern auch für Sie akzeptabel ist.
Kosten-Nutzen-Analyse fürs Aufschieben durchführen: 3 Schritte
Erlösen Sie das Aufschieben aus seiner Verdammung. Begreifen Sie es als eine Handlungsoption, die Ihnen jederzeit offensteht. Allerdings gilt hier, wie bei vielen anderen Tätigkeiten auch: Kosten und Nutzen abwägen. Indem Sie sich die Vorteile und Nachteile bewusstmachen erkennen Sie,
- ob es sich wirklich lohnt, die Aufgabe zu vertagen.
- welche Vorteile es gibt.
- mit welchen Nachteilen Sie rechnen müssen.
Machen Sie sich mit den folgenden Schritten vertraut und üben Sie diese, damit Sie zukünftig mühelos Ihren Impuls „Aufschieben“ hinterfragen können.
Schritt 1: Den Nutzen und die Vorteile klären
Jedes Aufschieben beschert Vorteile. Listen Sie alle Vorteile auf, die Ihnen spontan einfallen. Sie schieben keine Aufgabe auf, weil Sie träge oder teilnahmslos sind. Sie vertagen das Tun aus ganz bestimmten Gründen. Hinter jedem Grund verbirgt sich ein Nutzen, der für Sie in diesem Augenblick ganz besonders attraktiv ist. Deshalb agieren Sie entsprechend und widmen sich einer anderen Tätigkeit.
Den Nutzen und die Vorteile ergründen |
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Beispiel: Ein genervter Kunde bittet um Rückruf. Der Rückruf wird verschoben. |
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Gründe fürs Aufschieben |
Nutzen und Vorteile, die ich daraus ziehe |
Davor graut es mir. Allein der Gedanke löst Stress aus. |
Gelassenheit bleibt erhalten. |
Der macht einen immer so an. Da weiß ich nie weiter. |
Das Gefühl der Hilflosigkeit ist gebannt. |
Das Gespräch strengt so an. |
Ich achte auf meine Energie und mein Wohlbefinden. |
Schritt 2: Die Kosten und die Nachteile benennen
Jedes Aufschieben beschert auch Nachteile. Nicht allein das schlechte Gewissen, das Sie dann plagt - es können viele andere Kosten entstehen. Machen Sie sich diese bewusst. Nur so erfassen Sie das Aufschieben in seiner Gesamtheit.
Die Kosten und die Nachteile ergründen |
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Beispiel: Ein genervter Kunde bittet um Rückruf. Der Rückruf wird verschoben. |
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Gründe fürs Aufschieben |
Kosten und Nachteile, die entstehen |
Davor graut es mir. Allein der Gedanke löst Stress aus. |
Stress baut sich weiter auf. Die Anspannung wächst an. |
Der macht einen immer so an. Da weiß ich nie weiter. |
Mein Selbstwert sinkt, da ich glaube, dem Kunden nicht gewachsen zu sein. |
Das Gespräch strengt so an. |
Viel anstrengender ist es, wenn der Kunde lange warten muss und sich beim Vorgesetzten beschwert. |
Schritt 3: Kosten und Nutzen abwägen – neue Lösungen finden
Dank der Kosten-Nutzen-Analyse erscheint das Aufschieben komplett in einem anderen Licht. Sie bremsen durch diese Analyse die Aufschieberitis ein wenig aus, will heißen, Sie schieben das Aufschieben für einen Moment bewusst auf. Und das ist gut.
Denn jetzt können Sie erst wirklich einschätzen, ob sich das Aufschieben bei dieser bestimmten Aufgabe für Sie lohnt oder nicht lohnt. Wägen Sie beide Seiten ab. Treffen Sie erst dann die Entscheidung, wie Sie verfahren möchten. Überlegen Sie sich auch neue Lösungswege, wie Sie mit der Aufgabe „positiver“ umgehen könn(t)en. Meist erleichtert dies das eigene Handeln.
Den Nutzen und die Kosten abwägen |
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Beispiel: Ein genervter Kunde bittet um Rückruf. Der Rückruf wird verschoben. |
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Abwägen |
Neue Lösungsmöglichkeiten |
Es verschafft nur kurzfristig Entspannung. Die Kosten sind nach wie vor hoch. |
Achtsamkeit üben. Bei mir bleiben. Ruhig atmen. |
Hilflosigkeit ist zwar gebannt, aber mein Selbstwert sinkt gleichzeitig. |
Mich auf das Gespräch vorbereiten. Alle Unterlagen bereitlegen. Argumente überlegen. Ich kann auch mit schwierigen Kunden gut umgehen – das habe ich schon bewiesen. |
Mein Wohlbefinden ist nur kurzfristig befriedigt. Das Risiko einer weiteren Beschwerde ist zu hoch. |
Dem Kunden Empathie entgegenbringen. Seine Ansichten verstehen. Dadurch baut sich seine negative Energie ab, mein Wohlbefinden auf. |
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