Weißbierglas mit Fußballkugel ist nicht urheberrechtlichgeschützt
Nicht jede gute Idee verspricht den gewünschten Erfolg. Erst recht nicht, wenn bald vergessen ist, wer den genialen Einfall hatte. Diese bittere Erfahrung musste ein Künstler machen, der den Biertrinkern bei der Fußballweltmeisterschaft die runde Kugel noch etwas näher bringen wollte.
Der Fall aus der Praxis
Ein findiger Tüftler integrierte in ein Weißbierglas im unteren Bereich des Gefäßes eine Miniaturausgabe eines Fußballs und verband somit die beiden Lebensfreuden zu einer assoziativen Verbraucherlösung. Kaum auf dem Markt, zog eine bekannte Brauerei nach und komplettierte ihr Sortiment mit einem Weißbierglas, das dem des pfiffigen Gestalters sehr ähnelte, in seiner Ausführung aber wesentlich einfacher gestaltet war. Der selbsternannte Künstler war darüber nicht amüsiert und machte Rechte nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) geltend, indem er auf Unterlassung klagte.
Das sagt der Richter
Ohne Erfolg. Das Gericht urteilte wie folgt: Ein Erzeugnis des Kunstgewerbes sei als Werk der angewandten Kunst anzusehen und damit geschützt, wenn es sich um eine eigentümliche Schöpfung handele, die mit den Darstellungsmitteln der Kunst durch formgebende Tätigkeit hervorgebracht und vorzugsweise für die ästhetische Anregung durch Betrachtung bestimmt sei. Dabei sei es gleichgültig, ob das Werk neben seinem ästhetischen Zweck auch einem Gebrauchszweck diene. Die Kombination der Form eines Fußballs mit einem Weißbierglas sei neu. Die Integration eines Fußballs in ein Weißbierglas sei hierbei nicht nur eine rein handwerkliche Kunst, sondern weise durchaus einen künstlerischen Gehalt auf. Ein Bierglas sei aber nicht dann schon ein Werk der angewandten Kunst, wenn es zunächst einen in das Glas integrierten Fußball sichtbar mache, sondern nur dann, wenn bei der Verwirklichung dieser Idee ein Gesamtbild entstehe, das auf den Betrachter eine ästhetische Wirkung erzeuge. Eine unzulässige unfreie Bearbeitung (§ 23 UrhG) liege allerdings nur dann vor, wenn ein Nachahmprodukt die künstlerischen Züge des Erstwerkes tatsächlich nachahme, die diesem seine schutzfähige Prägung verleihen. Die neue Idee, einen Fußball in ein Weißbierglas oberhalb dessen Standfußes einzufügen, d. h. auch für eine industrielle Massenanfertigung einen Fußball an einer anderen Stelle anzubringen, rechtfertige daher keinen Unterlassungsanspruch. Denn diese Kopien beschränkten sich auf die Übernahme der nicht urheberrechtlich schutzfähig gestalterischen Idee. Einen Schutz genieße der Urheber aber nur wegen eigenpersönlicher Züge des von ihm in Umsetzung dieser Idee geschaffenen Werkes und vermittele so einen ganz anderen Gesamteindruck (OLG Köln, Urteil vom 14.10.2009, Az.: 6 U 115/09).
Das bedeutet die Entscheidung
Es war mit Sicherheit ein Geldproblem, das den „Fussballweißbierglaserfinder“ hier leer ausgehen hat lassen. Problematisch war an diesem Fall, dass in Ermangelung eines weitergehenden Schutzes, der üblicherweise mit erheblichen Kosten verbunden ist, lediglich auf das Urheberrecht zurückgegriffen werden konnte.
Wichtiger Hinweis
Die Vorschrift des § 2 UrhG ist dahingehend zu verstehen, dass nicht die Verwirklichung einer gestalterischen Idee an sich, sondern allein deren konkrete Umsetzung durch das Urheberrecht geschützt werden kann.
Geschmacksmusterschutz hilft weiter
Zwar bestimmt § 23 UrhG, dass bei Nachahmung von künstlerischen Zügen eines Werkes, die diesem seine schutzfähige eigenpersönliche Prägung verleihen, eine unzulässige Benutzung vorliegt. Wenn jedoch die dem geschützten älteren Werk entlehnten Züge in dem neuen Werk zurücktreten, sodass die Benutzung des älteren Ausgangswerks durch das neue Werk lediglich noch als Anregung zu einer neuen selbstständigen Erschaffung dient, liegt eine zulässige, freie Benutzung nach § 24 UrhG vor.
Rettung kann in solchen Fällen der Geschmacksmusterschutz bieten. Zu beachten ist aber, dass an dadurch geschützte ästhetische Gestaltungsformen höhere Anforderungen gestellt werden als die Qualifizierung als Werk im Sinne von § 2 UrhG. Der schöpferische Eigentümlichkeitsgrad muss in einem höheren Maße zu Tage treten, als bei Werken der "reinen" und „zweckfreien“ Kunstschaffung. Die reine Durchschnittsgestaltung ist insoweit nicht geschützt.
Vorsicht
Auch bei Anwendung des Geschmacksmusterrechts ist zu beachten, dass ein bestimmtes Design keinen Schutz mehr beanspruchen kann, wenn der Gebrauchsgegenstand bereits in die Öffentlichkeit gelangte.
Checkliste zum Download
Ob eine gestalterische Schöpfung einen Urheberschutz beanspruchen kann, erfahren Sie mittels unserer Checkliste Geschützte Werke nach dem Urhebergesetz.
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