OLG bremst Auskunftsanspruch über Internetanschluss aus
Einwendungen im urheberrechtlichen Auskunftsverfahren können mit einer Beschwerde erfolgversprechend geltend gemacht werden. Insbesondere dann, wenn die Downloads nicht im gewerblichen Ausmaß zum Tausch angeboten wurden.
Der Fall aus der Praxis
Die Verantwortlichen eines Musiklabels stellten fest, dass 2008 ein Album eines unter Vertrag stehenden Künstlers illegal über das Internet zum Download angeboten wurde. Deshalb stellten sie beim zuständigen Gericht einen Antrag, den Internetprovider des Anbieters zu legitimieren, Auskunft über Name und Adresse des Users zu erteilen. Dem Antrag wurde stattgegeben. Die dadurch ermittelte Anschlussinhaberin wurde von der Rechtsabteilung der Plattenfirma zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert. Gleichzeitig sollte sie einen Betrag von 1200 € bezahlen. Sie legte gegen die richterliche Gewährung des Auskunftsverfahrens Beschwerde ein.
Das sagt der Richter
Das Beschwerdeverfahren hatte Erfolg. Die Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin resultiere aus der Gestattung der Weitergabe der Verkehrsdaten an das Musikunternehmen. Diese sei erfolgt, ohne dass eine urheberrechtliche Rechtsverletzung im gewerblichen Ausmaß festgestellt werden konnte. Insbesondere könne eine solche nicht einfach angenommen werden, wenn es sich um ein urheberrechtlich geschütztes Werk handele, dass bereits vor 18 Monate auf dem Markt etabliert wurde. Besondere Umstände, die ungeachtet dessen ein gewerbliches Ausmaß der Rechtsverletzung vermuten ließen, wurden nicht vorgetragen (OLG Köln, Beschluss vom 05.10.2010, Az.: 6 W 82/10).
Das bedeutet die Entscheidung
Die Frage, was es Anbietern von nicht genehmigten Downloads bringt, Beschwerde einzulegen, nachdem ihre Daten bereits weitergegeben wurden, mag dem Anschein nach berechtigt sein. Trotzdem macht dieses Rechtsmittel Sinn. Die Anforderungen an das Auskunftsverfahren sollen auch ein „Aushorchen“ verhindern. Immerhin werden durch die Weitergabe der Verkehrsdaten auch sensible Informationen geliefert. Hat der Abmahner erst den User gefunden, könnte sich sie Geltendmachung von Einwendungen im späteren Schadensersatzverfahren schwierig gestalten.
Wichtiger Hinweis
Nach § 101 Abs. 1 UrhG kann Auskunft verlangt werden, wenn in gewerblichem Ausmaß das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt wird.
Das gewerbliche Ausmaß kann sich sowohl aus der Anzahl der Rechtsverletzungen als auch aus der Schwere der Rechtsverletzung ergeben.
LG Köln als Lieblingsgericht der Plattenbosse
Die erhebliche Anzahl an Auskunftsbegehren hat dazu geführt, dass das LG Köln das Informationsbedürfnis der Musikindustrie in sogenannten Massenverfahren „durchgewunken“ hat, ohne im Einzelnen genau hinzuschauen. Beispielsweise hat das Gericht das erforderliche „gewerbliche Ausmaß" im Jahre 2009 bereits dann bejaht, wenn nur ein einziger Song zum Tausch angeboten wurde.
Das OLG hat das Netz nun wieder enger gestrickt. Damit liegt es auf einer Linie mit anderen Gerichten, die ein gewerbliches Ausmaß erst dann annehmen, wenn mindestens 3000 Musikstücke getauscht werden. Im Umkehrschluss wurde das Anbieten eines einzigen Musikalbums als Bagatelle gewertet. Selbst wenn auf den Verkaufswert oder die Aktualität abgestellt wird, ist ein gewerbliches Ausmaß zu verneinen, wenn die marktrelevante Phase des Musikalbums bereits abgeschlossen ist.
Vorsicht
Im Beschwerdeverfahren können Sie die fehlerhafte Prüfung des gewerblichen Ausmaßes rügen, nicht aber Einwendungen vorbringen, die auf eine falsche Zuordnung der IP- Adresse zielen oder die Frage erörtern, wer zum maßgeblichen Zeitpunkt den Computer benutzt hat.
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