Industrie 4.0 und Gigabit-Gesellschaft: Verschläft Deutschland den Breitbandausbau?
Industrie braucht den Breitbandausbau
Dass es kaum noch ein Unternehmen gibt, welches nicht auf schnelle Internetverbindungen angewiesen ist, dürfte eine Binsenweisheit sein. Da verblüfft es, dass die Breitbandversorgung in Deutschland bei den politisch Verantwortlichen anscheinend keine Priorität genießt. Stattdessen wird lang und breit über Zukunftsthemen wie Industrie 4.0 und die für die nächste Dekade (ab 2020) prognostizierte sogenannte Gigabit-Gesellschaft diskutiert. Ohne ausreichende und schnelle Versorgung dürften beide Bereiche aber kaum Realität werden können.
Deutschland bei der Internetgeschwindigkeit weltweit lediglich auf Platz 31
Der am 15.01.2015 veröffentlichte Report “The State of the Internet” des US-amerikanischen Technologieanbieters Akamai bringt es an den Tag: Deutschland liegt bei der angebotenen Internetgeschwindigkeit im weltweiten Vergleich lediglich auf Platz 31. Die tatsächliche Geschwindigkeit der Festnetzverbindungen steigt zwar jährlich um durchschnittlich 13,8 Prozent, aber die meisten anderen Industrie- und Schwellenländer bauen ihr Internet deutlich schneller aus. Beispiele für die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate (CAGR) sind
- China mit 33 Prozent
- Schweden mit 29 Prozent,
- Israel mit 27 Prozent.
Auch in der DACH-Region (Deutschland, Österreich und Schweiz) landet Deutschland lediglich auf dem dritten Platz.
Wichtiger Hinweis
Der Akamai-Report erfasst übrigens die tatsächlichen Internetgeschwindigkeiten, nicht die Maximalwerte, mit denen die Anbieter werben.
Einzelhandelsverband verlangt zügigen flächendeckenden Ausbau
Der Handelsverband Deutschland (HDE) fordert die Politik daher ausdrücklich dazu auf, die Breitbandversorgung in Deutschland zügig und flächendeckend auszubauen. Eine der weltweit führenden Volkswirtschaften könne es sich nicht leisten, in einer Wachstumsbranche Potenziale zu verschenken, so der stellvertretende HDE-Hauptgeschäftsführer Stephan Tromp. Dies sei umso wichtiger, da E-Commerce eine Lokomotive für das Wachstum der deutschen Binnenwirtschaft darstellt. Dieser Zug dürfe nicht von zu langsamen Internetverbindungen abgebremst werden. Schnelles Internet sei die zentrale Voraussetzung für bestehende und neue Geschäftsmodelle. Auch die Kunden würden heute schnelle Verbindungen erwarten, um online einzukaufen oder Bildungs- und Wissensangebote zu nutzen.
Glasfaser ist die Champions-League
Die Champions-League der Breitbandtechnologien ist das Glasfaser-Internet. Je nachdem, welche Technik verwendet wird, können zwischen 50 Mbit/s und 200 Mbit/s erreicht werden.
Tipp
Überprüfen Sie, ob ein Glasfaseranschluss an Ihrem Unternehmensstandort verfügbar ist
Wie viel Leistung der Glasfaseranschluss tatsächlich bringt, hängt technisch davon ab, bis wohin die Verkabelung reicht. Entscheidend ist hier, ob die Kabel
- zur nächsten Kabelverzweigung,
- an das Gebäude oder
- in das Gebäude
geführt werden. Die notwendigen Tiefbauarbeiten für den Netzausbau waren allerdings bislang ziemlich teuer, so dass sich derartige Investitionen für Telekommunikationsunternehmen in dünn besiedelten ländlichen Gebieten kaum rechneten.
Deutsche Glasfaser GmbH will Kabel oberirdisch verlegen
Ein niederländischer Anbieter könnte in Deutschland künftig dafür sorgen, dass der Breitband-Ausbau deutlich vorangetrieben wird. Die Deutsche Glasfaser GmbH, eine Tochtergesellschaft des niederländischen Baukonzerns Reggeborgh, hat nach eigenen Angaben eine kostengünstige Alternative zu teuren Grabungsarbeiten entwickelt. Davon könnten vor allem Städte und Dörfer in ländlichen Gebieten profitieren. Der Anschluss eines Haushalts an das Glasfasernetz betrage so bspw. nicht mehr 5.000 Euro, sondern sinke auf etwa 1.000. Die deutliche Kostensenkung entstehe dadurch, dass die notwendigen Kabel ohne aufwendige Grabungen oberirdisch verlegt werden können. Dazu wird ein neues Fräsverfahren eingesetzt, bei dem ein 20 Zentimeter tiefer Schlitz in die Bürgersteige gezogen wird.
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