Bordeaux statt Porto: Sächsischer Dialekt bei Reisebuchung mit kostspieligen Folgen
Fehlbuchung: Sächsischer Dialekt bei Reisebuchung wird Kundin zum Verhängnis
Eine Reisebuchung ist nach einer Entscheidung des Amtsgerichts (AG) Stuttgart Bad-Cannstatt auch dann gültig, wenn die Mitarbeiterin eines Reiseunternehmens den Zielort wegen undeutlicher Aussprache bzw. wegen des sächsischen Dialekts der Kundin falsch verstanden hat. Der Kunde ist dafür verantwortlich, dass der Mitarbeiter des Reiseunternehmens ihn richtig versteht.
Der Fall
Eine aus Sachsen stammende Verbraucherin wollte bei einem Reiseunternehmen einen Flug nach Porto buchen. Aufgrund der undeutlichen Aussprache der Verbraucherin buchte die Mitarbeiterin des Reiseunternehmens einen Flug nach Bordeaux. Vor der verbindlichen Buchung habe sie zweimal in korrekter hochdeutscher Sprache die Flugroute genannt, erklärte die Mitarbeiterin. Insofern sei ein wirksamer Vertrag mit dem Reiseziel Bordeaux zustande gekommen. Die Verbraucherin weigerte sich, den Reisepreis für einen Flug, den sie nie angetreten hatte, zu bezahlen. Das Reiseunternehmen zog daraufhin vor Gericht und klagte auf Zahlung von 294 €.
Das sagt das Gericht
Das Gericht folgte der Ansicht des klagenden Reiseunternehmens und verurteilte die Verbraucherin zur Zahlung des Reisepreises in Höhe von 294 €. Der Kunde sei dafür verantwortlich, dass der Mitarbeiter ihn richtig verstehen könne (AG Stuttgart Bad-Cannstatt, Urteil vom 16.03.2012, Az.: 12 C 3263/11).
Fazit
Versteht der Erklärungsempfänger eine undeutlich gesprochene Erklärung falsch, so geht dies grundsätzlich zu Lasten des Erklärenden. Der Erklärende trägt das Risiko dafür, dass der Erklärungsempfänger seine Worte auch erfassen kann.
Vom Kunden verschuldete Fehlbuchung ist kein Reisemangel
Der Reisemangel ist in § 651c Abs. 1 BGB geregelt. Danach ist ein Reisemangel gegeben, wenn die Reise nicht so beschaffen ist, wie es vertraglich vereinbart war bzw. wie der Reisende sie erwarten durfte. Darunter fallen alle nach Vertragsschluss auftretenden Störungen der Reise, soweit die Gründe dafür nicht allein in der Person des Reisenden liegen. Dazu gehören auch solche Störungen, die darauf beruhen, dass die geschuldete Leistung ganz oder teilweise nicht erbracht wird. Im Eingangsfall hatte die Kundin die Störung selbst verursacht, indem sie aufgrund ihrer undeutlichen Aussprache eine Fehlbuchung herbeiführte.
Wichtiger Hinweis
Ob im konkreten Einzelfall ein Reisemangel vorliegt, hängt von dem jeweiligen Inhalt des Reisevertrages ab. Vertragsinhalt sind in der Regel die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Reiseveranstalters, die Angaben in den Prospekten, die Angaben in der Reisebestätigung, sowie das, was der Reisende gewöhnlich von der Reise erwarten durfte.
Diese Rechte stehen bei einem Reisemangel zur Verfügung
Liegt ein Reisemangel vor, kann der Reisende nach § 651c Abs. 2 BGB von dem Reiseveranstalter Abhilfe verlangen. Wenn der Reiseveranstalter nicht innerhalb einer vom Reisenden bestimmten angemessenen Frist Abhilfe schafft, kann der Reisende nach § 651c Abs. 3 BGB selbst Abhilfe schaffen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen. Nachstehend erhalten Sie einen Überblick über Ihre sämtlichen Rechte als Verbraucher im Falle eines Reisemangels.
- Abhilfe, § 651c Abs. 2 BGB
z. B. Reiseveranstalter beschafft gleichwertiges Hotel
- Selbsthilfe, § 651c Abs. 3 BGB
z. B. selbstständiger Umzug in ein gleichwertiges Hotel
- Minderung, § 651d BGB
Anspruch auf Erstattung des Teils des Reisepreises, den die Reise aufgrund des Mangels weniger wert ist
- Kündigung wegen Mangels, § 651e BGB
Der Reisevertrag wandelt sich nach der Kündigung in ein Rückabwicklungsverhältnis um. Die gegenseitigen Leistungspflichten entfallen. Der Reiseveranstalter verliert den Anspruch auf den Reisepreis. Wurden Teile der Reise mangelfrei erbracht, kann der Reiseveranstalter hierfür eine angemessene Entschädigung verlangen.
- Schadenersatz, § 651f BGB
Der Anspruch auf Schadenersatz besteht unbeschadet der Minderung nach § 651d BGB oder der Kündigung wegen Mangels nach § 651e BGB, d. h. der geschädigte Verbraucher kann den Schadenersatzanspruch parallel geltend machen.
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