Nicht jede Falschangabe bei der Wohnfläche rechtfertigt Mietminderung
Mietminderung rechtswidrig: Angabe der Wohnfläche in Anzeige ist nicht bindend
Der Deutsche Mieterbund (DMB) schätzt, dass bei rund zwei Dritteln aller Mietwohnungen die im Mietvertrag aufgeführten Angaben zur Wohnfläche nicht mit der tatsächlichen Wohnungsgröße übereinstimmen.
Stellt sich nach sorgfältigen Nachmessungen heraus, dass die Wohnung weniger Wohnfläche aufweist als im Mietvertrag vereinbart, so verlangen viele Mieter vom Vermieter Geld zurück oder mindern die Miete (siehe „Das sagt das Gesetz“) für die Zukunft. Häufig ist der Vermieter damit nicht einverstanden und es kommt zum Rechtsstreit, wie in dem vom Amtsgericht (AG) Frankfurt am Main entschiedenen Fall. Die Frankfurter Richter kamen zu dem Ergebnis, dass die Angaben von Immobilienmaklern zur Größe einer Wohnung grundsätzlich nicht bindend sind und eine darauf basierende Mietminderung deshalb rechtswidrig ist. Die Frage, wann den Mietern in einem solchen Fall ein Kündigungsrecht zusteht, ob sie die Miete entsprechend mindern können oder ob sie einen Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlten Mietzinses haben, hängt nach der Rechtsprechung vom Ausmaß der Flächenabweichung ab und was die Parteien im Mietvertrag konkret vereinbart haben.
Der Fall
In der Internetanzeige eines Immobilienmaklers war die Wohnfläche einer Wohnung mit 74 Quadratmetern angezeigt. Der Mietzins für die Wohnung sollte bei 920 € im Monat liegen. Kurz nachdem die neuen Mieter in die Wohnung eingezogen waren, stellten sie fest, dass die Wohnung tatsächlich nur 62 Quadratmeter groß war. In der Folge minderten sie die Miete prozentual entsprechend der 12 Quadratmeter Differenz. Der Vermieter widersprach der Mietminderung und berief sich vor Gericht auf den Mietvertrag, in dem keine konkrete Größe der Wohnung festgeschrieben steht.
Das sagt das Gericht
Das Gericht gab dem Vermieter Recht. Die Mietminderung durch die Mietpartei sei rechtswidrig. Die alleinige Angabe der Wohnfläche in einer Annonce genüge nicht, wenn im Mietvertrag kein Hinweis auf die Wohnungsgröße enthalten sei (AG Frankfurt am Main, Urteil vom 19.09.2012, Az.: 33 C 3082/12).
Fazit
Dass diese mieterunfreundliche Entscheidung in einer höheren Instanz Bestand haben wird, gilt als unwahrscheinlich, vorausgesetzt, die unterlegene Partei geht in Berufung. Mietrechtsexperten sprechen vor dem Hintergrund der nachstehend aufgeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) von einem groben Fehlurteil.
Bundesgerichtshof zur Mietminderung bei Wohnflächenunterschreitung
In einem ähnlich gelagerten Fall hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass ein Abweichen der Wohnfläche auch dann einen Mangel einer Mietwohnung darstellen kann, wenn im Mietvertrag keinerlei Angaben zur Wohnfläche enthalten sind. Danach kann ein Mieter den Mietzins kürzen, wenn der vom Vermieter beauftragte Immobilienmakler die Wohnfläche in der Annonce mit einem Wert angibt, der zehn Prozent über der tatsächlichen Wohnungsgröße liegt - auch wenn im Mietvertrag keine Angaben zur Wohnfläche stehen. Nach Meinung der Bundesrichter könne angesichts der Geschehnisse bis zur Unterzeichnung des Mietvertrages allein dem Fehlen von Angaben zur Wohnungsgröße in dem Vertragstext nicht entnommen werden, dass sich die Parteien bei Abschluss des Vertrages bezüglich der Wohnfläche nicht vertraglich binden wollten. Liege eine Wohnflächenunterschreitung um mehr als zehn Prozent vor, führe dies zu einer Mietminderung gemäß § 536 BGB (BGH, Urteil vom 23.06.2012, Az.: VIII ZR 256/09).
Wichtiger Hinweis
Eine Vereinbarung über die Größe der Wohnung liegt vor, wenn im Mietvertrag bei der Angabe des vermieteten Objekts die Wohnungsgröße angegeben ist. Die Angabe einer bestimmten Wohnfläche im Mietvertrag konkretisiert die Sollbeschaffenheit der Mietsache.
Praxis-Tipp
Beachten Sie, dass Mieter sich durchaus auf konkrete Angaben von Immobilienmaklern und Vermietern zur Wohnfläche einer Mietwohnung verlassen können, soweit diese nicht in Onlineportalen oder Zeitungsanzeigen gemacht werden. Im Mietvertrag sind Angaben zur Wohnungsgröße bzw. Wohnfläche verbindlich, sofern sie dort nicht explizit als unverbindlich bezeichnet sind. Misstrauisch sollten Mieter sein, wenn zur Ermittlung der Wohnfläche andere Regeln als die Wohnflächenverordnung herangezogen werden.
Das sagt das Gesetz
§ 536 Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln
(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.
(2) Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.
(3) Wird dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache durch das Recht eines Dritten ganz oder zum Teil entzogen, so gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.
(4) Bei einem Mietverhältnis über Wohnraum ist eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam.
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