Irreführende Werbung: Kein Tanzkurs kann Lernerfolg garantieren
Verbraucherschutz: Irreführende Werbung ist verboten
Im Informations- und Kommunikationszeitalter sind Verbraucher, ob gewollt oder ungewollt, ständig irgendwelchen mehr oder weniger verheißungsvollen Werbebotschaften ausgesetzt.
Egal, ob das Medium Fernsehen, Radio, PC, Laptop, Smartphone, Handy oder Tablet-PC heißt – Werbung ist in der schönen neuen digitalen Medienwelt dank des Internets allgegenwärtig. Wer digitale Medien nutzt, sieht sich automatisch und permanent den Werbeslogans und -kampagnen findiger Marketingstrategen ausgesetzt. Während es für das Internet wirkungsvolle Werkzeuge zur Unterdrückung von Werbung gibt, bleibt Radiohörern und Fernsehzuschauern nur die Möglichkeit des Umschaltens (neudeutsch: „Zapping“). Doch nicht nur mithilfe der digitalen Medien versuchen die Unternehmen die Konsumenten mit Werbung zu verführen und zu manipulieren, auch im öffentlichen Raum ist Werbung omnipräsent. Geworben wird in und auf S- und U-Bahnen, Schaufenstern, Taxis, Omnibussen, Plakatwänden und Litfaßsäulen. Dabei ist nicht jede Werbung erlaubt. Vor allem das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) schützt Verbraucher vor unzulässiger, insbesondere irreführender Werbung.
Wichtiger Hinweis
Irreführend ist eine Werbung, wenn sie auch nur von einem kleinen, nicht ganz unbeachtlichen Teil der Angesprochenen missverstanden werden kann. Entscheidend ist also nicht das Verständnis des werbenden Unternehmers, sondern der jeweilige Eindruck, den die Werbung bei den Konsumenten erweckt.
Irreführende Werbung setzt keine tatsächliche Irreführung voraus
Werbung muss klar und wahr sein, denn nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist irreführende Werbung verboten. Danach sind alle unwahren Angaben unlauter und damit unzulässig, weil wettbewerbswidrig. Ebenso unzulässig ist Werbung, die zur Täuschung geeignet ist. Ob die Werbung zur Täuschung geeignete Angaben enthält, muss positiv festgestellt werden. In § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1-7 UWG (siehe „Das sagt das UWG“) werden diejenigen Bestandteile geschäftlicher Handlungen und Angaben genannt, die eine Irreführung begründen können. Ob der Adressat der Werbebotschaft sich tatsächlich täuscht, ist dabei unerheblich.
Keine Angaben im Sinne einer irreführenden Werbung sind
- nicht nachprüfbare Werbeaussagen,
- nichtssagende Anpreisungen ohne sachliche Information,
- nichtssagende Phantasieangaben,
- bloße Kaufappelle ohne eigenen Aussagegehalt sowie
- allgemeine Redensarten.
Derlei Bekundungen gelten nicht als ernst zu nehmende tatsächliche Aussagen über geschäftliche Verhältnisse, weil die Verbraucher „marktschreierisches" Verhalten als solches erkennen.
Werbung für Tanzkurs mit garantiertem Lernerfolg ist irreführend
Eine irreführende und damit unzulässige Werbung liegt vor, wenn eine Tanzschule mit einem garantierten Lernerfolg für den Besuch eines Tanzkurses wirbt. Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm hängt der Erfolg des Tanzunterrichts maßgeblich vom jeweiligen Schüler selbst ab, sodass ein Lernerfolg nicht automatisch und somit sicher eintritt.
Der Fall
Kläger und Beklagter betreiben jeweils eine Tanzschule in der gleichen Großstadt. Der Beklagte hatte auf seiner Internetseite seinen Tanzunterricht mit der Aussage beworben: "garantieren wir ... den ... Lernerfolg". Der Kläger sah darin eine irreführende und damit unzulässige Werbung. Er war der Ansicht, dass der Lernerfolg nicht zu garantieren sei und klagte deshalb auf Unterlassung der irreführenden Werbung.
Der Beklagte entgegnete, dass eine Werbung mit Erfolgsgarantien in der heutigen Zeit nicht generell unzulässig sei. Schließlich werde nur der von den Kunden gewünschte Lernerfolg beworben. Dem Verbraucher sei insoweit auch bekannt, dass der Erfolg eines Tanzkurses letztendlich vom Schüler selbst abhänge und vom Tanzlehrer nicht garantiert werden könne.
Das sagt das Gericht
Das Gericht gab der Unterlassungsklage statt. Der Beklagte müsse die betreffende Werbung unterlassen. Die Werbung sei auch für den heutigen, durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher irreführend und somit unlauter. Sie enthalte eine unwahre Angabe über die Ergebnisse, die vom Tanzunterricht des Beklagten zu erwarten seien. Bei den angesprochenen Verbrauchern entstehe durch die in Frage stehende Formulierung der unzutreffende Eindruck, der Tanzunterricht des Beklagten führe sicher zu einem gewünschten Lernerfolg. Tatsächlich hänge der Erfolg des Tanzunterrichts jedoch auch maßgeblich vom jeweiligen Schüler selbst ab, sodass ein Lernerfolg nicht automatisch und somit sicher eintrete. Schließlich gebe es immer wieder Menschen, die auch nach einem Tanzkurs nicht in der Lage seien, das formal Gelernte so anzuwenden, dass sich dieses als eine auch nur einigermaßen ästhetisch anmutende Bewegung darstelle (OLG Hamm, Urteil vom 29.01.2013, Az.: I-4 U 171/12).
Fazit
Irreführende geschäftliche Handlungen sind nach § 5 Abs. 1 UWG unlauter und somit gemäß § 3 Abs. 1 UWG untersagt. Der Anspruchsberechtigte kann folglich den Unternehmer auf Beseitigung und Unterlassung der unzumutbaren Belästigung in Anspruch nehmen. Es besteht zudem ein Recht auf Schadenersatz sowie auf Gewinnabschöpfung.
So liegt die Darlegungs- und Beweislast bei irreführender Werbung
Die Darlegungs- und Beweislast bei der irreführenden Werbung liegt grundsätzlich beim Kläger, d. h. dieser muss darlegen und beweisen, dass die Voraussetzungen einer Irreführung gegeben sind. Verfügt der Kläger über keine genaue Kenntnis des Sachverhalts und hat er auch keine Möglichkeit, den Sachverhalt von sich aus aufzuklären, während der Beklagte über dieses Wissen verfügt, so kann den Beklagten eine prozessuale Erklärungspflicht treffen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Kläger über bloße Verdachtsmomente hinaus die für das Vorliegen einer irreführenden Werbung sprechenden Tatsachen vortragen und unter Beweis stellen kann. Ein bloßes Behaupten ins Blaue hinein genügt diesen Anforderungen nicht.
Das sagt das UWG
§ 5 Irreführende geschäftliche Handlungen
(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt. Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:
1. die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2. den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3. die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4. Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5. die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6. die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7. Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.
(2) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft.
(3) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.
(4) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.
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