Erfolgreiche Ost-Unternehmen: Auferstanden aus Ruinen
Wie Unternehmen den Mauerfall für sich genutzt haben
Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl sprach 1991 von „blühenden Landschaften“, die nach der Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern entstehen würden. Über viele Jahre wurde diese Aussage nach dem Zusammenbruch vieler Unternehmen in den neuen Ländern und der dadurch entstandenen Massenarbeitslosigkeit eher zynisch zitiert. Auch wenn 25 Jahre nach dem Mauerfall der wirtschaftliche Niedergang noch nicht überall behoben ist und sich die entsprechenden Kennzahlen wie Arbeitslosenquote, Produktivität, Durchschnittseinkommen etc. noch unterscheiden (wie unter den westdeutschen Ländern übrigens auch) – die Wiedervereinigung ist wirtschaftlich auch für viele Ostdeutsche ein Gewinn. Es ist ebenfalls mitnichten so, dass ostdeutsche Unternehmen generell nur durch die Hilfe der alten Bundesländer überleben konnten.
Zwei wenig bekannte Beispiele machen deutlich, welche Erfolgsgeschichten in den neuen Ländern eigenständig geschrieben wurden und werden.
Rotkäppchen – vom „Ostsekt“ zum deutschen Sekt-Markenführer
Die Geschichte des Sekthauses beginnt 1856 im Saale-Unstrut-Weinanbaugebiet, genauer gesagt in Freyburg. Dort gründeten die Brüder Moritz und Julius Kloss mit ihrem Freund Carl Foerster einen Weinhandel und kamen auf die Idee, eine „Fabrik zur Anfertigung moussierender Weine“ zu errichten. Die Sekte wurden unter dem Namen Monopol oder Crémant Rosé verkauft und fanden reißenden Absatz. Aufgrund einer Gesetzesänderung und einem sich darauf stützenden Rechtsstreit durfte Ende des 19. Jahrhunderts das Hauptprodukt „Monopol“ nicht mehr unter diesem Namen verkauft werden. Die Sekthersteller wählten daraufhin den Namen Rotkäppchen und schrieben die Erfolgsgeschichte fort. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Unternehmen 1948 enteignet und als „VEB Rotkäppchen Sektkellerei Freyburg“ in Volkseigentum überführt – der Erfolg stellte sich auch in der DDR ein. Nach der Wiedervereinigung 1989 gingen die Umsätze dann massiv zurück, die Treuhand verkaufte das Unternehmen 1993 im Zuge eines Management-Buyouts an fünf leitende Mitarbeiter und die Familie Harald Eckes-Chantré. Mit umwerfenden Ergebnissen - 2001 wird Rotkäppchen zur umsatzstärksten Sektmarke Deutschland. Weitere Meilensteine:
- Firmen- und Markenübernahme von Seagram Deutschland mit den Sektmarken Mumm, Jules Mumm und MM Extra inklusive der Produktionsstandorte in Eltville am Rhein und in Hochheim (2002),
- Übernahme der Geldermann Privatsektkellerei GmbH (2003)
- Erwerb der Eckes Spirituosen & Wein GmbH (2006) sowie der Weinmarke Blanchet (2009).
Die Sekt-, Spirituosen- und Weinmarken der Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien melden bspw. für das Geschäftsjahr 2013
- 168,5 Millionen verkaufte Flaschen Sekt,
- 43,9 Millionen Flaschen Spirituosen und
- 21,6 Millionen Flaschen Wein
So konnte ein Gesamtabsatz von 234 Millionen Flaschen und ein Gesamtumsatz von 823,1 Millionen Euro erreicht werden.
digades GmbH – Hochtechnologie aus Sachsen
Die Firma digades GmbH wurde 1991 von dem ehemaligen Nachrichten- und Funkexperten und fünf weiteren Kollegen sowie einem Investor aus Westdeutschland gegründet. Der Name digades steht für Digitales und analoges Schaltungsdesign. Bei der Firmengründung übernahm der Mann aus dem Westen 51 Prozent – Lutz Berger, der Jüngste, bekam 1,5 Prozent, seine fünf ostdeutschen Mitstreiter die restlichen Anteile je nach Berufsjahren. 1993 konnten sich die sechs Gründer dann auf eigene Beine stellen. Die digades GmbH mauserte sich in der Folge vom Elektronikfertigungs- und Elektronikentwicklungs-Dienstleister (EMS und EDS) zum renommierten Systemlieferanten in den Bereichen Automotive, Gebäudetechnologie und Infrastruktur. Zum Kundenkreis der digades GmbH zählen namhafte Unternehmen wie zum Beispiel Audi, BMW, Bentley, Daimler und Siemens. Bereits 2001 erfolgte in Zittau die Grundsteinlegung eines neuen Fertigungs- und Bürogebäude, das 2002 in Betrieb genommen wurde. 2005 wurde bereits die 500.000. Funkfernbedienung für Standheizungen an den langjährigen Kunden Webasto geliefert. 2009 errichtete das Unternehmen als Spezialist für „wireless and electronic solutions“ eine Außenstelle im thüringischen Nordhausen. Das Unternehmen beschäftigt mittlerweile ca. 160 Mitarbeiter an den zwei Standorten. Ende 2013 konnte mit dem Ausbau des Firmengeländes mit einem neuen Fertigungszentrum am Standort Zittau begonnen werden.
Bester Zulieferer Deutschlands
Ende November wurde der digades GmbH der renommierte Preis des besten Zulieferers (Best Professional Supplier Award) verliehen. Aktuell stehen Lutz Berger und die digades GmbH im Finale des Wettbewerbs „Entrepreneur Of The Year 2014“.
Tipp
Hier finden Sie ein amüsantes und bewegendes Video um Thema "Mauerfall und Chancen“
(oder einfach auf das Foto klicken)
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