Bestandsaufnahme: Was ist bei der Inventarisierung zu beachten?
Das Handelsrecht schreibt es Ihnen vor: Nach § 240 HGB (Handelsgesetzbuch) muss jeder Kaufmann zum Start seines Handelsgewerbes alle Vermögensgegenstände und Schulden in einer Aufstellung zusammenfassen. Über die §§ 140 und 141 AO (Abgabenordnung) gilt diese Verpflichtung auch für das Steuerrecht.
Die Bestandsaufnahme von Grundstücken, der Betriebs- und Geschäftsausstattung und anderen Vermögensgegenständen wird als Inventar bezeichnet. Darüber hinaus fragen Sie sich, wann Sie ein Inventar aufstellen müssen und welche Posten Sie dort aufführen. Die Antworten zu Ihren wichtigsten Fragen lesen Sie in dem folgenden Beitrag. Hier erfahren Sie auch, weshalb eine korrekte Buchführung die Grundlange für die Inventarisierung ist und wie Sie ein Warenwirtschaftssystem bei der Inventarisierung unterstützt.
Inventarisierung: Was verbirgt sich dahinter?
Sobald Sie als Kaufmann Ihr Business gegründet haben, werden Sie von dem Gesetzgeber zur Inventarisierung verpflichtet. Für Sie bedeutet dies, dass Sie alle betrieblich genutzten Vermögensgegenstände und Schulden in einem Inventar aufnehmen und einmal jährlich die körperliche Bestandsaufnahme (Inventur) aktualisieren. Die Erfassung der einzelnen Vermögensgegenstände nehmen Sie auf unterschiedlichen Wegen vor. Dabei werden die einzelnen Posten gezählt, gewogen, gemessen oder geschätzt.
Bei der Inventarisierung grenzen Sie das Vermögen von den Schulden ab. Bei dem Vermögen unterscheiden Sie das Anlagevermögen von dem Umlaufvermögen. Außerdem spielt bei der Inventarisierung auch das Eigenkapital eine Rolle. Dieses erhalten Sie, wenn Sie Ihre Schulden von den Vermögenswerten abziehen. Das Eigenkapital wird auch als Reinvermögen bezeichnet.
Die Inventur ist keine Bilanz. Diese wird in der Regel in Kontenform erstellt. Ein wichtiges Kennzeichen bei der Bilanz ist die Unterscheidung von Aktiva und Passiva. Auf der Aktivseite weisen Sie die Vermögenswerte aus. Auf der Passivseite erfassen Sie die Schulden und den Anteil Ihres Eigenkapitals. Für die Erstellung Ihrer Jahresbilanz orientieren Sie sich an den Werten, die Sie in das Inventar aufgenommen haben.
Wer muss ein Inventar erstellen?
Die Vorschrift des § 240 HGB schreibt in den ersten beiden Absätzen vor, dass jeder Kaufmann zu Beginn seines Handelsgewerbes ein Inventar erstellen muss. Dieses Inventar gilt es, zum Schluss eines jeden Geschäftsjahres mit der Inventur zu aktualisieren.
Der Begriff des Kaufmanns ergibt sich ebenfalls aus dem Handelsrecht. Nach § 1 HGB gelten Sie als Kaufmann, wenn Sie ein Handelsgewerbe betreiben. Hiermit ist jeder Gewerbebetrieb gemeint, der nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb vorsieht. Zu den Kaufleuten, die das Handelsrecht kennt, zählen Sie z. B.:
- Wenn Ihr Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH oder als Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) fungiert.
- Wenn Sie einen handwerklichen Beruf ausüben und Ihr Geschäft nach den handelsrechtlichen Vorschriften geführt wird.
- Wenn Sie ein Ladengeschäft betreiben und der Buchführungspflicht unterliegen.
Sie gelten nicht als Kaufmann im Sinn des Handelsrechts, wenn Sie kein Handelsgewerbe betreiben. Dies ist der Fall, wenn Sie als Architekt, Arzt oder Steuerberater eine freiberufliche Tätigkeit ausüben.
Welche Posten gehören in ein Inventar?
In das Inventar gehören alle Gegenstände, die Sie dem Anlagevermögen oder dem Umlaufvermögen zuordnen. Ferner erfassen Sie hier die betrieblich veranlassten Schulden.
Zum Anlagevermögen zählen nach § 247 Abs. 2 HGB alle Vermögensgegenstände, die dem Betrieb dauerhaft dienen. Dies sind z. B. Grundstücke, Immobilien, die Betriebs- und Geschäftsausstattung und die technischen Anlagen.
Das Umlaufvermögen umfasst jene Vermögensgegenstände, die nicht dauerhaft in Ihrem Unternehmen verbleiben. Hierzu erfassen Sie z. B. die Forderungen und die Vorräte.
Die Schulden setzen sich aus den laufenden Verbindlichkeiten zusammen, die Sie gegenüber Ihren Lieferanten erfüllen müssen. Ebenso werden hier auch langfristige Schulden, wie z. B. Schulden oder Hypotheken berücksichtigt.
Das Inventar bewahren Sie für zehn Jahre auf. Hiermit erfüllen Sie die Aufbewahrungsfristen, die der Gesetzgeber im § 257 HGB festgelegt hat. Zu den weiteren Dokumenten, die dieser Aufbewahrungspflicht unterliegen, gehören die Kontoauszüge und Ihre Jahresbilanzen.
Wo werden geringwertige Wirtschaftsgüter erfasst?
Als geringwertige Wirtschaftsgüter – kurz: GWG – definiert der Gesetzgeber bewegliche, abnutzbare Wirtschaftsgüter, die Sie selbstständig in Ihrem Unternehmen einsetzen können. Die Dokumentation dieser GWGs hängt von dem Nettoanschaffungspreis ab.
Kostet ein geringwertiges Wirtschaftsgut weniger als 250 Euro netto, können Sie den Aufwand als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe verbuchen. In diesem Fall wird das GWG weder in dem Inventar noch in der Jahresbilanz erfasst.
Wenden Sie für ein GWG mehr als 250 Euro auf, müssen Sie es wie jede anderen Vermögensgegenstand des Anlagevermögens inventarisieren.
Rechtsfolgen einer fehlenden Inventarisierung
Versäumen Sie es, Ihre Vermögensgegenstände und Schulden zu inventarisieren, können sich für Sie und Ihr Unternehmen die folgenden negativen Folgen ergeben:
- Gehört Ihr Unternehmen zu den Kapitalgesellschaften, die einen prüfungspflichtigen Jahresabschluss vorlegen müssen, kann der Abschlussprüfer bei einer fehlenden oder mängelbehafteten Inventur den Bestätigungsvermerk versagen.
- Wurde über das Vermögen Ihres Unternehmens ein Insolvenzverfahren eröffnet, drohen bei einer fehlerhaften Inventarisierung strafrechtliche Konsequenzen.
- Eine fehlende Inventur führt dazu, dass Ihre Buchführung von dem Finanzamt verworfen wird. Für Sie bedeutet dies, dass Sie keinen Gewinn ermittelt haben. Stattdessen wird dieser nach der Vorschrift des § 162 AO von dem Finanzamt geschätzt.
- Letztlich müssen Sie sich mit dem Vorwurf der Steuerhinterziehung auseinandersetzen.
Korrekte Buchführung als Voraussetzung für die Inventarisierung
Die Inventur und die korrekte Buchführung sind eng miteinander verknüpft und spielen eine zentrale Rolle für die finanzielle Transparenz und Rechenschaftspflicht eines Unternehmens. Hier sind einige spezifische Aspekte, die den Zusammenhang zwischen Inventur und Buchführung verdeutlichen:
- Vermögensgegenstände und Schulden in der Buchführung: Die Buchführung erfasst sämtliche finanziellen Transaktionen, einschließlich des Kaufs und Verkaufs von Vermögensgegenständen sowie der Entstehung von Schulden. Die korrekte Buchung dieser Vorgänge bildet die Grundlage für die spätere Inventur, da sie sicherstellt, dass alle relevanten Posten im Inventar erfasst werden.
- Dokumentation der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten: Die Buchführung dokumentiert detailliert die Vermögenswerte des Unternehmens, die in der Inventur erfasst werden müssen. Dazu gehören beispielsweise das Anlagevermögen (wie Gebäude und Ausrüstung) und das Umlaufvermögen (wie Vorräte und Forderungen). Ebenso werden die Schulden erfasst, die bei der Inventur berücksichtigt werden müssen.
- Kontinuierliche Aktualisierung: Die Buchführung ist ein laufender Prozess, der fortlaufend alle finanziellen Transaktionen erfasst. Eine kontinuierliche und präzise Buchführung erleichtert die Aktualisierung des Inventars, das in der Regel einmal im Geschäftsjahr durchgeführt wird. So wird sichergestellt, dass das Inventar den aktuellen finanziellen Status des Unternehmens widerspiegelt.
- Identifikation von Unstimmigkeiten: Durch die regelmäßige Buchführung werden Unstimmigkeiten oder Fehler in den Finanzdaten frühzeitig erkannt. Dies ermöglicht es dem Unternehmen, diese Unstimmigkeiten vor der Inventur zu bereinigen und sicherzustellen, dass das Inventar auf korrekten und verlässlichen Informationen basiert.
- Compliance und Rechenschaftspflicht: Eine ordnungsgemäße Buchführung gewährleistet die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften und steuerlicher Pflichten. Die Inventur ist nicht nur eine gesetzliche Anforderung, sondern auch ein Instrument, um die Richtigkeit der Buchführung zu überprüfen. Eine lückenlose Buchführung unterstützt das Unternehmen dabei, bei einer eventuellen Prüfung oder Revision die geforderten Nachweise erbringen zu können.
Die Verwendung von moderner Buchhaltungssoftware optimiert nicht nur die Buchführungsprozesse, sondern erleichtert auch die Integration mit der Inventur. Durch die automatisierte Datenerfassung und -verarbeitung trägt Buchhaltungssoftware dazu bei, Fehlerquellen zu minimieren und ermöglicht eine nahtlose Aktualisierung des Inventars, wodurch die finanzielle Integrität des Unternehmens weiter gestärkt wird.
Wie hilft Ihnen ein Warenwirtschaftssystem bei der Inventarisierung?
Bei der Inventarisierung Ihrer Vermögensgegenstände und Schulden können Sie sich von einem Warenwirtschaftsprogramm unterstützen lassen. Dieses setzen alle Unternehmen effizient ein, in denen die laufenden Warnströme übersichtlich organisiert werden sollen.
Ein Warenwirtschaftssystem nutzen Sie nicht nur für Ihre jährliche Inventur. Sie profitieren auch in den folgenden Bereichen davon:
- Verwaltung von Kunden und Lieferantendaten
- Wareneingang und Warenausgang
- Bestellwesen
- Einkauf und Verkehr
- Rechnungsstellung
Überdies unterstützen Sie mit einem Warenwirtschaftssystem Ihre Finanzbuchhaltung, die Lagerverwaltung und das Controlling. Die Systeme eignen sich für den stationären Handel ebenso wie für den E-Commerce.
Fazit: Eine Inventarisierung sollte sorgfältig vorbereitet werden
Als Kaufmann zählt es zu Ihren Pflichten, alle Ihre Vermögensgegenstände und Schulden zu inventarisieren. Um alle Posten regelkonform in dem Inventar aufzunehmen, unterteilen Sie die Posten in das Anlagevermögen, das Umlaufvermögen und die Schulden. Zum Anlagevermögen rechnen die Betriebs- und Geschäftsausstattung, ein Fuhrpark oder die technischen Anlagen. Als Umlaufvermögen nehmen Sie bei der jährlichen Inventur Vorräte und Forderungen auf. Rechnen Sie Ihre kurz- und langfristigen Schulden dagegen, ermitteln Sie das Reinvermögen Ihres Unternehmens.
Einen besonderen Punkt bilden die geringwertigen Wirtschaftsgüter. Diese inventarisieren Sie nicht, wenn die Vermögensgegenstände nicht mehr als 250 Euro (exklusive der Umsatzsteuer) gekostet haben. In diesem Fall können Sie die Ausgabe als eine sofort abzugsfähige Betriebsausgabe in Ihrer Gewinnermittlung aufnehmen.
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