Teamprobleme lösen: Fokussieren der positiven Absichten
Wenn die Heterogenität des Teams sich als störend erweist…
Jedes Team setzt sich aus mehreren Teammitarbeitern zusammen. Jedes dieser Teammitglieder bringt sich ins Team ein – und zwar mit unterschiedlichen Fähigkeiten, Kompetenzen, Erfahrungen, Ressourcen und Sichtweisen. Gerade diese Unterschiedlichkeit bereichert den Arbeitsprozess, die Zusammenarbeit und macht letztendlich das Team stark: Dies sind die großen Vorteile der Teamarbeit.
Allerdings gibt es Momente, in denen sich dieser Vorteil in einen Nachteil wandeln kann. Oft geschieht dies bei Teamproblemen oder Teamkonflikten. Die andere Sichtweise des Teamkollegen auf das Problem und die Problemlösung wird als störend und hinderlich wahrgenommen.
…verstärkt sich das Problem verbal
In solchen Augenblicken verhärten sich die Fronten. Das Team spaltet sich: Vielleicht in zwei Lager, vielleicht in mehrere Lager. Wie viele Gruppen sich innerhalb des Team bilden ist abhängig davon, wie viele unterschiedliche Perspektiven von wem vertreten werden und wer diese verbal unterstützt.
Denn in solch einem Moment hat sich die Diskussion, die sich um das Problem drehte, längst zu einer Meinungsverschiedenheit gewandelt. Auch der Kommunikationsstil vollzog eine Änderung. Nicht länger steht der Sachinhalt im Vordergrund. Vielmehr attackieren sich die Teammitglieder mit Du-Botschaften wie beispielweise „Wie kannst du nur diese Auffassung vertreten? Siehst du den nicht, dass…“ oder „Welch abwegige Idee. Würden wir deinem Vorschlag folgen, würde alles nur noch schlimmer werden“.
Solche Aussagen tragen wenig dazu bei, das Problem zu entschärfen und zu lösen. Der angesprochene Teamkollege fühlt sich durch solche Aussagen zu Recht angegriffen. Und so ergibt ein Wort das andere. Dabei entfernen sich die Beteiligten immer mehr vom eigentlichen Problem, so dass die Lösungssuche immer schwerer wird.
Die Meinungsverschiedenheit durchbrechen: Positive Absichten erkennen lernen
Das Problem und sein angestoßener Lösungsprozess werden bei einer Meinungsverschiedenheit selbst zum Problem. Durchbrechen Sie aktiv diese Spirale der Abwertungen, Einwände und Killerphrasen. Bieten Sie als Teamleiter, Teamsprecher und/oder Führungskraft dem Team eine zusätzliche der vielen Methoden der Problemlösung an. Die Problemlösungs-Methode, durch die alle die positiven Absichten des anderen erkennen lernen.
Mit Hilfe dieser Methode beseitigen Sie erst einmal die entstandenen Fronten. Sie ebnen somit den mentalen Weg, damit das Team sich mit dem eigentlichen Problem und dem Lösungsfindungsprozess befassen kann.
Die positiven Absichten erkennen |
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Ziel |
Die Meinung des Teamkollegen wird respektiert und gewürdigt. Dadurch gelingt es, die Sichtweise anzunehmen und in den Lösungsprozess einzubinden. |
Neue Teamregel verankern |
Damit dieser Respekt und Würdigung gelingt, darf eine neue Teamregel verankert werden: Hinter jeder Meinung steckt eine positive Intention. Der Teamkollege will nur das Beste. |
Herausforderung |
Der eigene Blickwinkel muss sich weiten. Blitzschnelle Ab- und Bewertungen in der Diskussion sollten vom Moderator offengelegt werden. „Wir befinden uns noch im Sichten von Ideen. Bitte notiere dir deinen Einwand. Diesen können wir später bei der Prüfung der einzelnen Lösungsvorschläge heranziehen.“ |
Durchführung |
Sind alle Ideen gesammelt, geht es um das Auswerten dier Ideen. Schnell werden dann störende Ideen oder Ideen, die nicht in das eigene Denkschema passen, aussortiert. Stoppen Sie diese Selektion. Führen Sie stattdessen das Team Schritt für Schritt durch den Prozess des Erkennens der positiven Absichten. |
Dauer |
ca. 30 – 60 Minuten, abhängig von der Größe des Teams. |
Ein Teamproblem lösen: 4 Schritte, um die positiven Absichten zu entdecken
Das Team steht bei der Lösungsfindung still. Denn einzelne Teammitglieder haben eine andere Perspektive auf das Problem und die Lösung, die nicht immer von den Teamkollegen verstanden wird. Ergründen Sie deshalb gemeinsam mit dem Team, welche positive Intention der Teamkollege mit seiner Sichtweise bzw. seinem Verhalten verfolgt.
Tipp:
Natürlich kann dieser Prozess auch alleine durchlaufen werden.
Schritt 1: Die Sichtweisen auf das Problem und deren Lösung festhalten
Notieren Sie auf einer Pinnwand das Problem. Erstellen Sie darunter eine Tabelle, in der Sie in die oberste Zeile die Namen der einzelnen Teammitglieder eintragen. Fragen Sie nun die Sichtweise jedes einzelnen Teammitgliedes ab. Skizzieren Sie diese stichwortartig unter seinem Namen. Stoppen Sie dabei Kommentare der anderen Teamkollegen, die die Meinung abwerten wollen.
Schritt 2: Die positive Absicht offenlegen
Greifen Sie nun eine Sichtweise heraus, die alle irritiert. Notieren Sie die jeweilige Sichtweise auf einem neuen Pinnwandbogen, so dass Sie ausreichend Platz haben, um die Antworten dazuschreiben zu können.
Das Team benötigt allerdings ein wenig Unterstützung, um die eigene Sichtweise hinterfragen und weiten zu können. Bieten Sie durch Fragen Impulse, die zum Nachdenken anregen. Am besten nutzen Sie systemische Techniken der Fragestellung. Denn systemische Fragetechniken zielen darauf ab,
- neue Informationen zu erzielen – beispielsweise „Wie schafft das Team es, das Problem am Leben zu erhalten?“
- das Verhalten zufriedenstellender auszurichten – beispielsweise „Wie könnte das Team sich so verhalten, dass sich das Problem verabschieden kann?“
- die Zukunft zu optimieren – beispielsweise „Woran würde das Team erkennen, dass das Problem nicht mehr besteht?“
Folgende systemische Fragen ermöglichen, die positive Absicht des Teamkollegen zu erkennen. Wählen Sie die systemischen Fragen aus, die Sie für geeignet halten, damit jeder im Team eine neue Perspektive einnehmen kann.
Das Ergründen der positiven Absicht:
- Angenommen Ihr Kollege verfolgt mit seiner Sichtweise oder seinem Verhalten eine positive Absicht, welche positive Absicht könnte dies Ihrer Meinung nach sein?
- Wofür ist diese Sichtweise in diesem Kontext gut?
- Wofür ist es gut, dass sich der Teamkollege genauso verhält, wie er sich verhält?
- Auf welche Weise ist diese Sichtweise in unserem Umfeld dienlich?
- Wie hilft seine Sichtweise weiter?
- Was ist an dieser Sichtweise sinnvoll?
- Was wird durch diese Sichtweise bzw. dieses Verhalten erst möglich?
- Welcher Denkansatz offenbart sich? Wofür ist dieser wichtig?
- Welches positive Prinzip verbirgt sich in seiner Aussage?
Schritt 3: Die Schnittmenge entdecken
Durch das Herausarbeiten der positiven Intentionen wandelt sich schnell die Stimmung im Team. Jeder erkennt: „Der Teamkollege will nichts Böses“. Eine Entspannung im Gespräch entsteht. Die Bereitschaft, nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen, steigt.
Allerdings sieht sich das Team vielleicht einem neuen Dilemma ausgesetzt „Jeder verfolgt mit seiner Sichtweise eine positive Absicht. Wir haben jetzt viele positiven Absichten herausgearbeitet. Aber welcher sollen wir denn jetzt folgen, um das Problem zu lösen?“
Arbeiten Sie mit dem Team die Schnittmenge heraus. Dafür heißt es, die Grundmotive, die in den positiven Absichten stecken, wahrzunehmen. Typische Grundmotive können sein:
- Zusagen einzuhalten.
- ehrlich und offen miteinander zu kommunizieren.
- den anderen nicht hängen zu lassen.
- sich verantwortlich zu fühlen.
Bieten Sie durch systemische Fragen erneut dem Team mentale Impulse. Fragen Sie:
- Welche Grundmotive stecken in den jeweiligen positiven Absichten?
- Welche positiven Absichten haben die gleichen Grundmotive? Welche sind dies?
- Welche positiven Absichten haben ähnliche Grundmotive? Welche sind dies?
- Welche übereinstimmende Schnittmenge ist nun in den unterschiedlichen Sichtweisen erkennbar?
- Was wird von der Mehrheit oder von allen verfolgt?
- Welches Ziel strebt die Mehrheit oder alle an?
Die Antworten bieten einen neuen Fokus: Einen Fokus auf das Verbindende in den Sichtweisen. Dadurch kann das Team eine Lösung entwickeln, die wirklich von allen getragen werden kann.
Schritt 4: Eine gemeinsame Richtung einschlagen
Bitten Sie nun die Teammitarbeiter aus den positiven Absichten und den dazugehörenden Grundmotiven, eine realisierbare Lösung zu entwickeln. Überlegen Sie zusammen mit dem Team:
- Was muss das Team tun, um diese positive Absicht zu erfüllen?
- Durch welches Teamverhalten wird die positive Absicht torpediert?
- Welches Teamverhalten stärkt die positive Absicht?
- Was kann jedes einzelne Teammitglied tun, um die positive Absicht mit Leben zu erfüllen?
- Worauf will jeder achten?
- Welche verbindlichen Kontrollmechanismen bieten Sicherheit im Miteinander?
- Welche konkreten Handlungsschritte plant jetzt das Team bzw. jeder Einzelne?
- Welche Handlungsalternativen gibt es, falls die geplanten Schritte nicht zufriedenstellend greifen?
- Was wird jetzt als erstes getan?
- Was folgt?
- Wer tut was wann und wie?
Fixieren Sie die verbindliche Realisierung der Lösung.
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