Wechsel der Steuerklasse kann rechtsmissbräuchlich sein
BVerwG bestätigt Rechtsmissbrauch durch Steuerklassenwechsel
Der Vater eines behinderten Jungen beantragte beim Jugendamt, den Beitrag für die Unterbringung des Kindes in einer Jugendhilfeeinrichtung zu reduzieren, weil sein Nettoeinkommen gesunken sei.
Tatsächlich hatte sich dessen Bruttoeinkommen sogar leicht erhöht. Aufgrund des Wechsels der Steuerklasse hatte sich aber der vorläufige Steuerabzug erhöht und damit sein Nettoeinkommen verringert. Das Jugendamt lehnte den Antrag des Vaters ab, weil der Steuerklassenwechsel nur zu dem Zweck erfolgt sei, den Kostenbeitrag zu mindern und somit rechtsmissbräuchlich sei. Der Vater klagte gegen die Entscheidung des Jugendamtes.
Ohne Erfolg. Nach Auffassung der Bundesrichter könne die Ausübung des dem Bürger generell zustehenden Steuerklassenwahlrechts im Einzelfall nach dem Grundsatz von Treu und Glauben rechtsmissbräuchlich sein, wenn für den Wechsel keine schutzwürdigen Gründe vorlägen und deshalb anzunehmen sei, dass der Steuerklassenwechsel vorwiegend zur Schmälerung des dem Jugendhilfeträger zustehenden Kostenbeitrags erfolgt sei. In diesem Fall sei die Verringerung des Nettoeinkommens bei der Bemessung des Kostenbeitrags zu vernachlässigen. Ob die tatsächlichen Voraussetzungen eines Rechtsmissbrauchs vorliegen, müsse das zuständige Oberverwaltungsgericht (OVG) bei einer erneuten Verhandlung und Entscheidung über die Sache prüfen (BVerwG, Urteil vom 11.10.2012, Az. 5 C 22.11).
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