Neues BMF-Schreiben regelt lohnsteuerliche Behandlung der Familienpflegezeit
Lohnsteuer bei Familienpflegezeit und Leistungen der Familienpflegezeitversicherung
Das Bundesfinanzministerium hat am 23.05.2012 ein BMF-Schreiben veröffentlicht, wie die Familienpflegezeit in Hinblick auf die Lohnsteuer zu behandeln ist. Dabei gilt folgendes:
1. Arbeitszeitverringerung und Entgeltaufstockung während der Familienpflegezeit
Während der Familienpflegezeit liegt Zufluss von Arbeitslohn in Höhe der Summe aus dem verringerten (regulären) Arbeitsentgelt und der Entgeltaufstockung des Arbeitgebers nach § 3Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b FPfZG vor. Dies gilt auch, soweit die als Entgeltaufstockung ausgezahlten Beträge aus einem Wertguthaben nach dem Vierten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) entnommen werden und dadurch ein „negatives“ Wertguthaben aufgebaut wird (§ 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa FPfZG).
2. Nachpflegephase
Wird in der Nachpflegephase (§ 3 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe c FPfZG)bei voller Arbeitszeit nur das reduzierte Arbeitsentgelt ausgezahlt, um gleichzeitig mit dem anderen Teil des Arbeitsentgelts ein „negatives“ Wertguthaben nach SGB IV auszugleichen, liegt Zufluss von Arbeitslohn nur in Höhe des reduzierten Arbeitsentgelts vor. Der Ausgleich des „negativen“ Wertguthabens nach SGB IV löst keinen Zufluss von Arbeitslohn und damit auch keine Besteuerung aus.
3. Zinsloses Darlehen an Arbeitgeber
Das zinslose Darlehen des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) an den Arbeitgeber (§ 3 Absatz 1 FPfZG), die Rückzahlung durch den Arbeitgeber § 6 FPfZG) und der Erlass der Rückzahlungsforderung (§ 8 Absatz 1 FPfZG) führen beim Arbeitnehmer zu keinen lohnsteuerpflichtigen Tatbeständen.
4. Beitragszahlungen zur Familienpflegezeitversicherung
Hat der Arbeitnehmer eine Familienpflegezeitversicherung abgeschlossen (§ 4 Absatz 1 FPfZG) und zahlt er die Versicherungsprämie direkt an das Versicherungsunternehmen, liegen bei ihm Werbungskosten vor (§ 9 Absatz 1 Satz 1 EStG).
Das gilt auch, wenn das BAFzA die Prämienzahlung zunächst verauslagt (§ 3 Absatz 3 FPfZG) oder der Arbeitgeber mit den Prämienzahlungen in Vorlage tritt (§ 4 Absatz 3 FPfZG) und der Arbeitnehmer die Versicherungsprämie erstattet. Der Werbungskostenerfolgt im Kalenderjahr der Erstattung durch den Arbeitnehmer. Verrechnet der Arbeitgeber seine Vorleistung mit dem auszuzahlenden Arbeitsentgelt, mindert sich dadurch der steuerpflichtige Arbeitslohn nicht.
Hat der Arbeitgeber die Familienpflegezeitversicherung abgeschlossen bzw. lässt er sich die vom BAFzA belasteten Beiträge (§ 3 Absatz 3 i. V. M. § 6 Absatz 1 Satz 2 FPfZG) vom Arbeitnehmer erstatten, ergeben sich aus der Prämientragung durch den Arbeitgeber für den Arbeitnehmer keine steuerlichen Folgen (kein Arbeitslohn, keine Werbungskosten). Es handelt sich insoweit vielmehr um eine Leistung des Arbeitgebers im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse.
5. Leistungen der Familienpflegezeitversicherung
Zahlungen aus der Familienpflegezeitversicherung an den Arbeitgeber oder an das BAFzA (§ 4 FPfZG) führen beim Arbeitnehmer zu keinem lohnsteuerpflichtigen Tatbestand.
6. Erstattungen des Arbeitnehmers
Zahlungen des Arbeitnehmers an das BAFzA nach § 7 FPfZG, an das BAFzA wegen Forderungsübergangs nach § 8 Absatz 3 FPfZG oder an den Arbeitgeber bei vorzeitiger Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses oder Freistellung von der Arbeitsleistung nach § 9 Absatz 2 und 4 FPfZG führen zu negativem Arbeitslohn.
Der negative Arbeitslohn kann, soweit eine Aufrechnung mit Forderungen des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber erfolgt, mit steuerpflichtigem Arbeitslohn verrechnet werden, so dass nur noch der Differenzbetrag dem Lohnsteuerabzug unterliegt. Andernfalls kann eine Berücksichtigung erst im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer (§ 46 EStG) erfolgen.
Hat der Arbeitnehmer darüber hinaus Zahlungen zu leisten (z. B. Bußgeld etc.), ist der außersteuerliche Bereich betroffen, d. h. es ergeben sich daraus keine steuerlichen Konsequenzen.
7. Prämienvorteile durch einen Gruppenversicherungsvertrag
Die Familienpflegezeitversicherung (§ 4 Absatz 1 FPfZG) kann auch als Gruppenversicherungsvertrag, der auf einer rahmenvertraglichen Vereinbarung des Versicherers mit dem Arbeitgeber beruht, ausgestaltet sein. Die bei Gruppenversicherungen (zum Gruppentarif) gegenüber Einzelversicherungen (zum Einzeltarif) entstehenden Prämienvorteile gehören nicht zum Arbeitslohn. Die Prämienunterschiede sind kein Ausfluss aus dem Dienstverhältnis, sondern beruhen auf Versicherungsrecht.
8. Erlöschen des Ausgleichsanspruchs
Unterbleibt der (vollständige) Ausgleich eines negativen Wertkontos, weil der Beschäftigte mit behördlicher Zustimmung gekündigt wurde und der Ausgleichsanspruch mangels Aufrechnungsmöglichkeit erlischt (§ 9 Absatz 2 Satz 3 FPfZG), liegt kein geldwerter Vorteil in Höhe der erloschenen Ausgleichsforderung vor.
(BMF-Schreiben vom 23.05.2012; Az.: IV C 5 - S 1901/11/10005).
- Kommentieren
- 4733 Aufrufe