Außergewöhnliche Belastungen – Erneut strenge Regeln für den Nachweis von Krankheitskosten
Kläger wollen außergewöhnliche Belastungen von Krankheitskosten geltend machen
Das Finanzgericht (FG) Münster hat in einem gestern veröffentlichten Urteil entschieden, dass gemäß der durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 geschaffenen Neuregelungen erneut erhöhte Anforderungen an den Nachweis von Krankheitskosten gelten. Im Streitfall ging es um Kosten für die Behandlung einer Lese- und Rechtschreibschwäche (Legasthenie). Die Kläger hatten ihren Sohn in einem Internat unterbracht, das in besonderer Weise auf die Betreuung von an Legasthenie leidenden Kindern eingerichtet ist. Die Unterbringung war auf Empfehlung eines Facharztes sowie des Schulpsychologischen Dienstes erfolgt. Ein amtsärztliches Attest hatten die Kläger jedoch nicht eingeholt. Die Stadt gewährte den Klägern eine finanzielle Unterstützung für die Unterbringung ihres Sohnes, die die Gesamtkosten allerdings nicht vollständig abdeckte. Die Kläger machten die von ihnen im Streitjahr 2007 zu tragenden Kosten für das Internat sowie für Heimfahrten des Sohnes in ihrer Steuererklärung als außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) geltend. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung ab, da nicht durch ein vor der Unterbringung ausgestelltes amtsärztliches Attest nachgewiesen sei, dass die Aufwendungen krankheitsbedingt angefallen seien. Hiergegen wandten sich die Kläger, die sich auch auf die während des laufenden finanzgerichtlichen Verfahrens geänderte Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 11.11.2010; Az.: VI R 17/09) beriefen.
Gesetzesänderung geht Rechtsprechung vor
Das FG wies die Klage ab. Zwar habe der Bundesfinanzhof jüngst seine Rechtsprechung geändert und fordere nunmehr zum Nachweis der medizinischen Notwendigkeit der Unterbringung kein vor der Behandlung ausgestelltes amtsärztliches Attest mehr. Im Streitfall gelte allerdings der durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 eingefügte § 33 Abs. 4 EStG und die hierzu ergangene Verwaltungsregelung (§ 64 EStDV). Darin sei nunmehr unter anderem ausdrücklich festgelegt, dass im Fall einer medizinisch angezeigten auswärtigen Unterbringung eines an Legasthenie leidenden Kindes der Nachweis der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen durch ein amtsärztliches Attest oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu erfolgen habe. Derlei Nachweise lägen jedoch nicht vor, so dass die Klage Erfolg haben könne (FG Münster, Urteil vom 18.01.2012; Az.: 11 K 317/09 E).
- Kommentieren
- 5605 Aufrufe