Kosten für berufliche Erstausbildung und Erststudium können steuerlich geltend gemacht werden
Kläger wollen Werbungskostenabzug für Studium bzw. Berufsausbildung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat aktuell entschieden, dass das seit 2004 geltende Abzugsverbot für Kosten eines Erststudiums und einer Erstausbildung der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Kosten für eine Erstausbildung oder für ein Erststudium auch dann nicht entgegensteht, wenn der Steuerpflichtige diese Berufsausbildung unmittelbar im Anschluss an seine Schulausbildung aufgenommen hatte. In einem der beiden vom BFH am gleichen Tag entschiedenen Fälle nahm der Kläger bei einer Tochtergesellschaft einer Fluglinie die Ausbildung zum Berufspiloten auf. Hierfür entstanden ihm Aufwendungen von annähernd 28.000 €. In dieser Höhe beantragte er mit seiner Einkommensteuererklärung 2004 einen Verlustvortrag festzustellen. Er berief sich darauf, dass diese Ausbildungskosten vorweggenommene Werbungskosten für seine künftige nichtselbstständige Tätigkeit als Pilot seien. Im anderen Streitfall hatte die Klägerin ihre Schulausbildung 2004 mit dem Abitur abgeschlossen und anschließend ein Medizinstudium aufgenommen. Auch sie machte ihre Aufwendungen für das Studium als vorweggenommene Werbungskosten geltend und beantragte ebenfalls eine entsprechende Verlustfeststellung. Die Finanzämter lehnten die beantragten Verlustfeststellungen ab. Sie beriefen sich dazu auf die ab 2004 geltende Regelung des § 12 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG), die bestimme, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium im Rahmen der Einkünfteermittlung nicht abziehbar sind, wenn die Aufwendungen nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Dieser Auffassung folgten auch die Finanzgerichte.
EStG kennt kein generelles Abzugsverbot
Die dagegen eingelegten Revisionen der Kläger waren erfolgreich. Die Münchener Richter urteilten, dass aus § 12 Nr. 5 EStG kein solches generelles Abzugsverbot folge. § 12 Nr. 5 EStG regele ausdrücklich, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium bei den einzelnen Einkunftsarten und vom Gesamtbetrag der Einkünfte nur insoweit nicht abgezogen werden dürften, als in § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG nicht etwas anderes bestimmt sei. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG bestimme jedoch etwas anderes. Danach greife nämlich der Grundsatz, dass Aufwendungen nur dann als Sonderausgaben abziehbar sind, wenn nicht der vorrangige Werbungskosten- und Betriebsausgabenabzug zur Anwendung kommt. In beiden Fällen seien aber die Kosten der Ausbildung hinreichend konkret durch die spätere Berufstätigkeit der Kläger veranlasst, so dass sie als vorweggenommene Werbungskosten berücksichtigt werden müssten (BFH, Urteile vom 28.07.2011; Az.: VI R 7/10 und VI R 38/10).
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